Immer mehr Kanada-Gänse lassen sich in Essen nieder. Das liegt auch daran, dass die Ruhr viel sauberer ist als früher.Inzwischen darf man die Gänse - zu bestimmten Zeiten - jagen: Denn sie verdrängen andere Tier-Arten

Kanada-Gänse auf der Ruhr an einem ruhigen Vormittag - Männchen und Weibchen sehen gleich aus. Fotos: WAZ, RennemeyerWerden weniger: Enten an der Ruhr.
Kanada-Gänse auf der Ruhr an einem ruhigen Vormittag - Männchen und Weibchen sehen gleich aus. Fotos: WAZ, RennemeyerWerden weniger: Enten an der Ruhr. © WAZ

Die Zahl der wilden Kanada-Gänse, die sich in Essen niedergelassen haben, ist so hoch wie nie zuvor. Auf etwa 250 bis 300 Tiere schätzt Dieter Rogoll (51) die aktuelle Zahl der Population. Rogoll ist als "bestätigter Jagdaufseher" für Ruhrverband und Stadt aktiv. Die Tiere lebten am Baldeneysee, in den Naturschutzgebieten rund um die Wassergewinnungsanlagen der Ruhrhalbinsel sowie am Borbecker Schlosspark und am Schloss Hugenpoet in Kettwig. Vereinzelt sollen sie sogar auch am Rhein-Herne-Kanal gesehen worden sein. Rogoll: "Das werden immer mehr."

Am Niederrhein und in Duisburg spricht man mittlerweile schon von einer Plage - der Kot ist das Hauptproblem. "Was Wildgänse hinterlassen, ist in der Menge vergleichbar mit dem, was ein mittelgroßer Hund hinterlässt", erklärt Rogoll. In Essen seien jedoch noch keine Beschwerden aufgetaucht. Das bestätigt auch Dr. Wolfgang Lotz, Leiter des städtischen Veterinäramts: "Uns liegen keine Hinweise vor."

Seit etwa zwölf Jahren würden Kanada-Gänse zunehmend in Essen heimisch. "Von Skandinavien sind sie auf ihrem Weg nach Süden einfach hiergeblieben", erklärt Jagdaufseher Rogoll. "Hier sind ideale Bedingungen, seit das Wasser der Ruhr sauberer geworden ist." Die Gans brauche viel Platz, Wasser und Wiesen. Von Gras ernähre sie sich hauptsächlich. Und in den Naturschutzgebieten der Ruhrauen könnten die Gänse ungestört leben. Menschen und Hunde kommen dort nicht hin.

Die Gänse hätten sich so rasant ausgebreitet, dass sie mittlerweile andere Tierarten verdrängten - Bless- und Teichhühner zum Beispiel. Oder: "Enten leiden besonders", sagt Rogoll. "Wo Sie früher 20 sahen, sind heute noch fünf."

Seit dem vergangenen Jahr dürfen Kanadagänse deshalb in der Jagdzeit geschossen werden. Die Jagdzeit am Baldeneysee, einem offiziellen Jagdbezirk des Ruhrverbands, dauert von November bis Mitte Januar. "In der letzten Jagdzeit wurden gut 100 Gänse geschossen", erinnert sich Rogoll. Ein ausgewachsene Arktische Gans, die größte aller Gänse, bringe gut und gern sieben Kilo Lebendgewicht auf die Waage - da werden an Weihnachten alle satt.

Eine Gans kann bis zu 15 Jahre alt werden. Geschlechtsreif wird sie ab dem zweiten Lebensjahr. Ein Gänsepaar bringt pro Jahr etwa fünf bis acht Junge auf die Welt. Übrigens: "Im Unterschied zu Enten leben Gänse monogam", berichtet Rogoll.

Doch es sind nicht nur die Gänse, die die Ruhr als neue Heimat entdecken: "Seit sieben oder acht Jahren gibt es hier immer mehr Kormorane", berichtet Rogoll. Ihre Zahl in den Ruhrauen schätzt Rogoll auf etwa 100. "Darüber ärgern sich die Angler sehr." Denn der Fischbestand in der Ruhr schrumpfe merklich: "Ein einzelner Kormoran frisst ein Pfund Fisch täglich."