Bei den Vorsorgeterminen beim Kinderarzt wird nicht nur die körperliche Gesundheit des Kindes überprüft, sondern auch sein Entwicklungsstand. Außerdem geben die U-Untersuchungen Hinweise auf eine mögliche Vernachlässigung. Wer die Termine versäumt, bekommt künftig Post vom Jugendamt.
Ob Eltern mit ihren Kindern die Vorsorgetermine beim Kinderarzt (die sogenannten U-Untersuchungen) wahrnehmen, liegt in ihrem Ermessen. Nun will die Stadt den Druck auf die Eltern erhöhen - zum Wohle der Kinder.
U-Untersuchungen als Frühwarnsystem
Die Termine in den ersten Lebensmonaten werden nur von 6 Prozent der Betroffenen versäumt, dann wird die Haltung offenbar laxer, so dass die Ausfallquote im Vorschulalter auf 15 Prozent steigt. „Die Eltern fühlen sich dann sicherer im Umgang mit einem Baby”, erklärt Petra Freynik, die den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst der Stadt leitet. Dabei lasse mancher außer Acht, dass bei es bei den Vorsorgeterminen nicht allein um die Gesundheit der Kinder geht, sondern auch um ihre soziale, sprachliche und motorische Entwicklung. „Der Arzt sieht, ob ein Kind altersgemäß entwickelt ist oder Förderung benötigt.” Im Übrigen dienten die Termine auch als Frühwarnsystem für Misshandlung oder Unterernährung. Darum gehen Freynik und ihre Mitarbeiter in die Kindergärten, klären Eltern auf, erinnern sie an die U-Untersuchungen.
Dank der Aufklärung habe man die Quote derjenigen, die alle U-Termine wahrgenommen haben, von 55 Prozent im Jahr 2000 auf 63 Prozent im Jahr 2007 steigern können.
Nun hofft man, die Quote mit der Umsetzung einer Landesverordnung weiter erhöhen zu können: Seit Juni müssen die Kinderärzte alle Kinder, die zu Vorsorgeterminen erscheinen, an die dafür zuständige Stelle melden. Diese Zentralstelle gleicht die Daten mit den Einwohnermeldeämtern ab und schickt säumigen Eltern ein Erinnerungsschreiben. Wird die Untersuchung nicht binnen vier Wochen nachgeholt, werden die Eltern dem Jugendamt gemeldet, das sie erneut anschreibt. Erfolgt weiter keine Reaktion, sucht das Amt die Eltern auf.
Frühe Förderung für Kinder mit Defiziten
Zwei Sozialpädagogen sollen dann auf die Betroffenen zugehen, sie zu ihren Motiven befragen oder Hilfe anbieten, wenn die Eltern überfordert sind oder das Kind vernachlässigt ist. „Wenn wir auch nur einen Fall der Kindeswohlgefährdung so entdecken, ist die Maßnahme sinnvoll”, findet Jugendamtsleiterin Christina Bäuerle. Hilfreich sei auch schon, wenn künftig mehr Kinder rechtzeitig in den Genuss von Logopädie oder anderer Förderung kämen.
Eine gesetzliche Pflicht zur Teilnahme an den U-Terminen, wie sie regelmäßig diskutiert wird, wenn ein besonders schwerer Fall von Misshandlung bekannt wird, hält Bäuerle nicht für angezeigt: „Die Verantwortung der Eltern sollte im Vordergrund stehen. Wir sollten einfach abwarten, was die Meldepflicht bringt.”