Essen. . Die Uni Duisburg-Essen und andere Hochschulen unterstützen zunehmend Essener Schüler, deren Leistungen gut sind, die aber Orientierung benötigen.
- „Talent Scouts“ helfen begabten Schülern bei der Suche nach dem richtigen Studium
- Sie weisen auch auf Fördermöglichkeiten wie Stipendien hin, kennen alle wichtigen Kontakt-Stellen
- Immer mehr Essener Schulen nehmen die Dienste der „Talent Scouts“ in Anspruch
Elisabeth macht in anderthalb Jahren Abitur, ihre Eltern kommen aus Ghana und arbeiten hier als Reinigungskräfte. Elisabeth hat derzeit ein Problem: Zu viele Zweien auf dem Zeugnis. „Da müssen noch mehr Einsen hin“, sagt die Schülerin, denn ihr großer Traum ist es, Medizin zu studieren. „Das weiß ich seit meinem ersten Praktikum in einer Kinderarzt-Praxis, das war in der neunten Klasse.“
Immer mehr Schulen machen mit
Für Jugendliche wie Elisabeth, die zur Gesamtschule Bockmühle in Altendorf geht, ist das landesweite „Talent Scouting“-Programm gedacht, das im Ruhrgebiet vor Jahren seinen Anfang nahm und mittlerweile auf ganz NRW ausgedehnt wird. Die Uni Duisburg-Essen beteiligt sich mit einem halben Dutzend Talent-Scouts, die in Essen immer mehr Schulen aufsuchen: Nachdem als erste Schule im Stadtgebiet das Gymnasium Nord-Ost im September eine entsprechende Kooperation mit der Uni besiegelte, hat mittlerweile auch die Gesamtschule Bockmühle eine solche Zusammenarbeit vertraglich geregelt. Weitere Schulen, die bereits am „Talent Scouting“ der Uni teilnehmen oder in den Startlöchern stehen, sind unter anderem die Gustav-Heinemann-Gesamtschule (Schonnebeck) oder das Hugo-Kükelhaus-Berufskolleg (Südviertel). Bereits seit mehreren Jahren ist das Leibniz-Gymnasium in Altenessen in Sachen „Talent Scouting“ unterwegs.
Schüler sind Bildungs-Pioniere in ihren Familien
Elisabeth gehört zur ersten Generation ihrer Familie, die den Besuch einer Uni anstrebt. Genau auf diese Bildungs-Pioniere, oft mit so genanntem Migrations-Hintergrund, hat es das „Talent Scouting“ abgesehen: „Wir sind keine Headhunter“, erklärt Sozialwissenschaftler Jacek Czarnota (41), der als „Talent Scout“ der Uni Duisburg-Essen auch für Jugendliche der Bockmühle zuständig ist. „Doch wir können Türen öffnen, durch die die Jugendlichen dann selbst gehen müssen.“
„Ein Dienst an der Gesellschaft“
Im Fall von Elisabeth heißt das zum Beispiel: „Wenn die Zweien nicht reichen – hast Du schon mal von unserem Förderunterricht gehört?“ Elisabeth nickt. An der Uni geben Lehramts-Studenten Schülern der Region gratis Nachhilfe, auch besonders guten; der „Förderunterricht“ der Uni ist ein jahrzehntealtes und vielfach prämiertes Förderprojekt. Czarnota kündigt außerdem den Orientierungstag für Schüler an, den die Uni Duisburg-Essen Anfang 2017 veranstaltet. Ist „Talent Scouting“ auch ein Mittel der Nachwuchs-Rekrutierung für die Unis? Czarnota, der mit sieben aus Polen nach Gelsenkirchen kam, der Vater war Bergmann, ist selbst Bildungspionier. „Nein, wir weisen auch auf duale Ausbildungsgänge hin, es ist definitiv ein Dienst an der Gesellschaft.“ Alle zwei Wochen bietet er seine Sprechstunden in Altendorf an, 60 Oberstufen-Schüler der Bockmühle sind im „Talent Scouting“-Programm; entsprechende Vorschläge machen die Lehrer.
Lehrer machen Vorschläge
Die „Talent Scouts“ beraten und begleiten dann – weisen auf entsprechende Stellen und Veranstaltungen hin, und geben nicht zuletzt Tipps in Sachen Förderung und Stipendien, extra für Schüler. „Davon“, sagt Czarnota, „wissen nämlich nur die Wenigsten.“