Essen. . Die Wohnungsgesellschaft Allbau hat ihre neue Firmenzentrale im Kreuzeskirchviertel eingeweiht. Die Erwartungen sind nach der Investition groß.
In der neuen Zentrale des Allbau im Kreuzeskirchviertel lief am Montag zur offiziellen Eröffnung ein Film im Zeitraffer: Wer schon vergessen hatte, wie rasend schnell an der einstigen Schmuddelecke in der nördlichen Innenstadt ein 60 Millionen Euro teures Vorzeigequartier entstanden ist, der bekam es auf dem Bildschirm vor Augen geführt.
Neubau soll für Brückenschlag zwischen Innenstadt und Univiertel stehen Das traurige Parkhaus, das an gleicher Stelle stand – beim Online-Dienst Google Streetview kann man es noch sehen, als hätte sich nichts verändert.
Wer den Dienst anklickt und auf dem Bildschirm die Rottstraße „entlang fährt“, der „weiß, was man hier geschaffen hat“, sagte Oberbürgermeister Thomas Kufen. Nein, dem alten Parkhaus, obwohl einst architektonisch ein Hingucker, wird niemand eine Träne nachweinen.
Die neue Allbau-Zentrale im Kreuzeskirchviertel.
© Kerstin Kokoska
Der Blick geht nach voraus. „Auch wenn wir nicht an jedem Tag mit der nördlichen Innenstadt zufrieden sind“, wie es Kufen formuliert, soll der Neubau mit dem vielversprechenden Namen Kastanienhöfe für Aufbruch stehen, für einen Brückenschlag zwischen Innenstadt und Universitätsviertel.
Allbau residierte 60 Jahre am Kennedyplatz Die Erwartungen sind groß, handelt es sich bei dem Neubaukomplex zwischen Kreuzeskirchstraße, Rottstraße, Kastanienallee und I. Weberstraße doch um die größte Investition in der Geschichte des Allbau.
60 Jahre residierte die Wohnungsgesellschaft im Allbau-Haus am Kennedyplatz, um in der nördlichen Innenstadt ein neues Kapitel der nunmehr 98-jährigen Firmengeschichte aufzuschlagen.
Dass sich die Suche nach einem potenziellen Ankermieter im Vorfeld als schwierig erwiesen hatte, ist Teil dieser Geschichte. Nun ist der Allbau selbst vorangegangen. Der nächste Schritt ist geplant: Das Haus der Verbände am Weberplatz will die Wohnungsgesellschaft übernehmen. Ob der Funke weiter überspringt, bleibt abzuwarten. Immerhin: Von den 47 Mietwohnungen im Neubau sind bis auf drei alle vermietet.
Street View und Wirklichkeit
Alt: Bei Google-Street-View existiert das AEG-Haus, ein langgezogener flacher Riegel zwischen Postbank-Hochhaus (re.) und Rheinstahl-Hochaus immer noch.
© Google Street View Screenshot
Neu: Unser aktuelles Foto zeigt den repräsentativen Neubau der im Frühjahr eröffneten Zentrale der DB-Logistiktochter Schenker. Ein architektonisches Highlight.
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Alt: Das Google-Street-View-Bild lässt die untergegangene Marke „Schlecker“ wieder auferstehen. Der Drogeriemarkt auf der Gemarkenstraße ist längst geschlossen.
© Google Street View Screenshot
Neu: Nachdem Schlecker 2012 die Insolvenz beantragt hatte, wurde das Filialnetz Zug um Zug aufgelöst. Jetzt hat sich hier ein Einrichtungsgeschäft niedergelassen.
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Alt: Google-Street-View zeigt immer noch das längst abgerissene Parkhaus an der Rottstraße/Ecke Kastanienallee. Das Foto ist im August 2008 entstanden.
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Neu: Der hässliche Betonklotz ist der schmucken Zentrale des Allbau gewichen. Die „Kastanienhöfe“ werden ein ganzes Viertel beleben.
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Alt: Bei Google stehen die alten Brücken, die so viel Dunkelheit verbreiteten, immer noch. Das Bild von der Gladbecker Straße ist von 2008.
© Google Street View Screenshot
Neu: In Wirklichkeit sind die Brücken abgerissen, so dass vom selben Standpunkt jetzt der Blick auf das neue Hörsaalzentrum der Uni frei wird.
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So zeigt Google-Street-View das Univiertel: Das Areal an der Turmstraße von 2008 gleicht einem Hinterhof mit Bauwagen, Dixie-Klo und Container.
© Google Street View Screenshot
Neu: So sieht das Univiertel tatsächlich aus. Das neu entstandene Quartier nennt sich „Grüne Mitte“: moderne Appartements in bester Lage in direkter Nähe zur Hochschule und zur Innenstadt. Besonders attraktiv sind die Penthouse-Wohnungen. Die einzige Gemeinsamkeit: die hohen Schornsteine.
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So sah die nördliche Essener Innenstadt früher aus
Die Viehofer Straße vermutlich Ende der 1920er oder Anfang der 1930er Jahre. Zu sehen ist eine geschäftige Straße mit Kopfsteinpflaster und eingleisigen Straßenbahn-Schienen in der Fahrbahnmitte. Der Autoverkehr hält sich sehr in Grenzen, es gab ihn aber wohl, sonst würden die Passanten kaum so akkurat die Bürgersteige benutzen. Ein Mann mit Bollerwagen quert die Straße. In der Bildmitte ein noch heute bekannter Firmenname: Das Fachgeschäft für Gummi und Sanitätsbedarf der Gebr. Lappe war damals an der Viehofer Straße 39 ansässig. Ein Detail, das uns heute die genaue Lokalisierung des Fotos erlaubt, denn kein einziges der Häuser auf dem alten Bild steht noch. Die Einmündung links ist demnach die Kronenstraße, die noch heute so heißt. Links im Haus – zu erkennen an der Stauder-Reklame – befand sich eine Kneipe. „Sport-Centrale“ steht auf dem Schild. Ob das der Name der Kneipe ist oder vielleicht noch ein Wettbüro hier seinen Sitz hatte, muss offen bleiben. Klar ist nur, dass es an gleicher Stelle jetzt eine Spielhalle gibt, und auch sonst hat die Viehofer Straße hier nicht gerade gewonnen. Da helfen auch Bäume und Kunstwerke nicht viel. Fußgängerzone ist sie jetzt. Wer will, kann das als Fortschritt werten.
© Brecklinghaus
Die Viehofer Straße.
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Der Viehofer Platz am Ende der Viehofer Straße fotografiert in Richtung Süden, wohl in den späten 1920er Jahren. Rechts ist auf dem alten Bild die Gertrudiskirche vor der Zerstörung zu sehen. Der Viehofer Platz war eine der belebtesten Knotenpunkte des öffentlichen Nahverkehrs in Essen, übrigens noch bis weit in die Nachkriegszeit.
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2016 wirkt der Viehofer Platz etwas ruhiger, gegen Abend belebt sich aber die Ecke, denn in den nicht sichtbaren Häusern links sind Gastronomiebetriebe. Im Hintergrund links: das Lederwarengeschäft Brecklinghaus.
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Wieder der Viehofer Platz, diesmal steht der Fotograf aber anders als auf den Fotos links auf der westlichen Straßenseite. Zu sehen sind die Altbauten gegenüber der rechts angeschnittenen Gertrudiskirche, die den Krieg überlebten und noch heute existieren. Das Roxy-Kino ist älteren Essenern vielleicht noch bekannt, heute ist hier der Musikclub „Turock“. Im heutigen Awo-Haus rechts daneben befand sich damals das Kaufhaus „Kepa“ und noch einmal ein Stück weiter die Viehofer Straße hoch ist das Gebäude von Brecklinghaus zu erkennen. Die ältere Dame rechts und der Herr in der Mitte sind Straßenverkäufer für Tageszeitungen. In den frühen 1960er Jahren, als das Foto schätzungsweise entstand, war das noch üblich.
© Brecklinghaus
Ein Verkehrsknoten war der Viehofer Platz viele Jahrzehnte lang. Das obere Foto zeigt die Szenerie in den 1950er Jahren. Im Hintergrund sind noch reichlich Trümmerhäuser und der Beginn der Altenessener Straße zu erkennen.
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Dieses Bild, es entstand wohl etwas früher als die vorherige Aufnahme, zeigt den Platz und das zentrale Trümmerhaus aus der Nähe.
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Die Viehofer Straße, wohl um 1960: Das Bild zeigt die Einmündung in die Altenessen Straße hinter der Brücke der Rheinischen Bahn. Das historische Reiterstellwerk rechts brannte erst vor kurzem ab und ist mittlerweile abgeräumt.
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Das Bild zeigt den Beginn der Viehofer Straße (Mitte) in Höhe der Fontänengasse. Links ist das damals berühmte Café Becks zu sehen, Älteren vielleicht noch ein Begriff. Das markante Haus gibt es noch, das Café, beliebter Treff von Künstlern und Architekten, schon sehr lange nicht mehr.
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Der Pferdemarkt mit Rottstraße (Bildmitte) und der Einmündung der Kastanienallee rechts um 1920. Schön zu sehen ist auf dem alten Bild, wie sehr die nördliche Altstadt noch von sehr alten Häusern durchsetzt war, Gebäude, die im Bombenkrieg keine Chance hatten. Dazwischen gab es dann auch mal einen „modernen“ Altbau mit mehreren Etagen und als Ausrufezeichen des Viertels den Turm der Kreuzeskirche im Hintergrund.
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Der Turm der Kreuzeskirche sieht 2016 exakt genauso aus, wird jedoch auf dem aktuellen Vergleichsbild von den Neubauten des Allbau-Kastanienhofs komplett verdeckt. Zwischen den beiden hier zu sehenden Bau-Epochen stand an genau dieser Ecke Rottstraße/Kastanienallee einige Jahrzehnte lang ein Parkhaus, das vor einigen Jahren abgerissen wurde. So gesehen, findet mit dem Allbau-Projekt ein Stück Stadtreparatur statt. Ganz früher lebten hier Menschen, bald nun wieder, wenn auch in gänzlich veränderten Häusern.
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Irgendwo auf der Viehofer Straße entstand dieses Bild. Auch das gab es noch im Essen der Wiederaufbauzeit: primitivste Notunterkünfte.
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Eine frühe Aufnahme: der Pferdemarkt im Jahr 1890, damals tatsächlich noch ein Markt.
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Blick von der Viehofer Straße auf die Schützenbahn, wohl gegen Ende der 1950er Jahre. Die breite Straße, so wie es sie heute noch gibt, entstand anstelle eines total zerbombten Altstadtviertels. In einem Ruinenhaus mit nur noch intaktem Erdgeschoss hat sich ein Gardinengeschäft etabliert.
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Noch eine Impression von der Schützenbahn, die anstelle eines im Bombenkrieg zerstörten Altstadtviertels entstand.
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Blick von der Viehofer Straße über den Pferdemarkt auf das Parkhaus an der Rottstraße/Ecke Kastanienallee, das gerade im Bau ist. Links ist der Ufa-Filmpalast zu erkennen, heute das Domizil des GOP-Varietes. Das Parkhaus wurde vor einigen Jahren abgerissen, hier entsteht jetzt das neue Allbau-Projekt Kastanienhöfe. Nach den parkenden Autos zu schließen, entstand das Foto um 1960.
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Die Viehofer Straße nach Süden, Richtung Kettwiger Straße. Im Ufa-Filmpalast rechts lief gerade "Das Sonntagskind" mit Heinz Rühmann. Die Aufnahme entstand somit 1956 und sie zeigt sehr eindrucksvoll, wieviele Grundstücke entlang der Viehofer Straße noch unbebaut waren - trotz Wirtschaftswunderzeit. Links im Hintergrund ist die Schützenbahn mit der Alten Synagoge zu erkennen.
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Viehofer Straße und Pferdemarkt mit der wieder zusammengeflickten Gertrudiskirche wohl Mitte der 1950er Jahre. Im Vordergrund ein "Brezelkäfer", das Standardmodell zwischen 1946 und 1953.
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Die Viehofer Straße in Richtung Norden, wohl Mitte der 1950er Jahre. Passanten gehen an abgeräumten, noch nicht wieder bebauten Trümmergrundstücken und an den ersten Neubauten vorbei. Links der Ufa-Filmpalast (heute GOP) in der Mitte das Lederwarengeschäft Brecklinghaus.
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Der Verkehrsknotenpunkt Viehofer Platz mit Blick in die Altenessener Straße, die hinter der Eisenbahnbrücke der Rheinischen Bahn beginnt. Rechts das erst jüngst ausgebrannte und abgeräumte Reiterstellwerk.
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Blick von der Rottstraße auf den Pferdemarkt, wohl um 1920. In den kleinen Häuschen links befand sich das Restaurant "Brandwache", die Grundstücke sind heute Teil des neuen Allbau-Wohn- und Büro-Projekts Kastanienhöfe. Der Pferdemarkt hatte noch dichte Wohnbebauung, dahinter die Türme der Gertrudiskirche.
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Die Ecke Viehofer Straße/Viehofer Platz in der Nachkriegszeit. Ein Trupp Arbeiter bessert gerade das Kopfsteinpflaster aus. Man befand sich hier auf der Bundesstraße 224.
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Der Flachsmarkt im Norden der Marktkirche, rechts führt die Fontänengasse zum Kopstadtplatz. Im Hintergrund rechts das weithin bekannte Bekleidungshaus Overbeck und Weller. Das markante Eckhaus hatte den Bombenkrieg überlebt, heute ist hier das Radgeschäft "Planet of Bikes".
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Blick von der Viehofer Straße zum Flachsmarkt mit der Marktkirche, die Mitte der 1950er Jahre, als dieses Bild entstand, bereits wieder aufgebaut worden war, wenn auch in verkleinerter Form. Hinter der Kirche links ist der Turm des alten neogotischen Essener Rathauses zu erkennen, das später zugunsten des Kaufhaus Wertheim abgebrochen wurde.
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Viehofer Straße und Rottstraße mit dem alten Polizeipräsidium und dem so genannten Viktoriahaus. An dieser Stelle befindet sich heute ungefähr das GOP-Gebäude
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Noch mal die noch ziemlich leere und öde Viehofer Straße, 1956 nach Süden fotografiert. Rechts einer der Eingänge für den Ufa-Filmpalast, heute GOP.
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Die Schützenbahn, Mitte der 1950er Jahre. Der Standort des Fotografen ist nicht weit von der Alten Synagoge entfernt, das Rathaus-Center, das heute die Sicht versperren würde, gab es natürlich noch nicht.
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Passant auf der Viehofer Straße, vielleicht in Höhe Einmündung Kronenstraße. Auch Mitte der 1950er Jahre gibt es noch reichlich Trümmergrundstücke. Auf der Straße ein Lkw der Firma Fritz Brüggemann, Brennerei und Spirituosenhandel aus Bergeborbeck.
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Viehofer Straße und Viehofer Platz mit der kriegsversehrten, aber immer noch eindrucksvollen Gertrudiskirche.
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Blick vom Viehofer Platz mit dem Evag-Häuschen zur Viehofer Straße. Dort erkennt man u.a. das heutige Allbau-Haus und das Lederwarengeschäft Brecklinghaus.
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Der Viehofer Platz um 1920, geradeaus die Einfahrt zur Altenessener Straße mit dem Hotel Reichskrone, dahinter die Rheinische Bahn. Auf dem Wartehäuschen links die allgegenwärtige Persil-Reklame. Keines der Häuser existiert noch.
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Brecklinghaus Lederwaren in der Viehofer Straße um 1954. Die Familie gehörte nach dem Krieg zu den ersten, die in der weithin zerstörten nördlichen Innenstadt das Wagnis eines großen Neubaus eingingen statt einfach nur eine Ruine notdürftig wieder herzurichten.
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Die Viehofer Straße kurz nach Kriegsende, links mit der Ruine des alten Geschäftshauses von Brecklinghaus. Weit und breit war in diesem Teil der Stadt nicht ein einziges Haus unbeschädigt.
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Der Brecklinghaus-Neubau mit dem Pferdemarkt und der Gertrudiskirche links.
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