Essen. Rückgang der Flüchtlingszahlen und Abbau der Zeltdörfer zwingt European Homecare zu Einschnitten beim Personal. Neue Betätigungsfelder gesucht.


. Das in Essen ansässige Asyl-Unternehmen European Homecare (EHC) entlässt allein in Essen fast 150 seiner Angestellten; die Kündigungen werden in diesen Tagen verschickt. „Wir haben die Mitarbeiter-Gespräche bereits geführt, die Betroffenen haben größtenteils gefasst reagiert. Sie sehen ja selbst, dass die Betten leer sind“, erklärte EHC-Sprecher Klaus Kocks.

Bei der auf Errichtung und Betrieb von Asylunterkünften spezialisierten Firma macht sich der Rückgang der Flüchtlingszahlen derzeit erheblich bemerkbar. Schon früher im Jahr habe man sich daher von etwa zehn Prozent des hiesigen Personals getrennt, sagt Kocks. „Aktuell trifft uns der Abbau der Zeltstädte, die extrem personalintensiv waren.“ In der Spitze hatte die Stadt Essen zehn dieser Flüchtlingsdörfer betrieben, das letzte wurde im November abgebaut.

Zurzeit sind noch 400 EHC-Mitarbeiter in Essen beschäftigt

Zur Zeit beschäftigt EHC in Essen noch 400 Mitarbeiter in städtischen Einrichtungen. Dazu kommen weitere Beschäftigte in der Landesunterkunft auf dem früheren Kutel-Gelände in Fischlaken sowie in der Unternehmenszentrale. Beide Bereiche seien von den jetzigen Kündigungen nicht betroffen, so Kocks. Bundesweit hat EHC gut 1000 Mitarbeiter und damit doppelt so viele wie noch 2014; derzeit spreche man aber auch anderenorts Kündigungen aus.

Das Essener Unternehmen äußert sich nicht zu Geschäftszahlen; es hatte aber zu Beginn der Flüchtlingskrise ein rasantes Wachstum erlebt. Wo Eile geboten war, punktete EHC mit der raschen Errichtung von Flüchtlingsunterkünften und der ebenso schnellen Rekrutierung von Personal. Nachdem Sicherheitsleute in einer von EHC betriebenen Unterkunft in Burbach Bewohner misshandelt hatten, sah sich das Unternehmen schweren Vorwürfen ausgesetzt. Die Sicherheitskräfte waren zwar bei einer Fremdfirma angestellt, EHC musste sich aber vorwerfen lassen, in seinen Unterkünften stets die billigsten Anbieter anzuheuern.

Versagen in Sicherheitsfragen führte zu neuen Qualitätsstandards

Geschäftsführer Sascha Korte räumte damals als Auftraggeber „ein eklatantes Versagen in Sicherheitsfragen ein“ und gelobte größere Sorgfalt. Korte gab Land und Kommunen damals auch eine Mitverantwortung: Den Zuschlag für Flüchtlingsheime bekomme stets der günstigste Anbieter.

Die Stadt Essen reagierte auf die damalige Debatte, in dem sie ihre Ausschreibungen überarbeitete, seither gilt die Qualität der Betreuung als zentrales Vergabekriterium. „In Zukunft wollen auch wir uns in den Qualitätswettbewerb begeben und dieses Feld nicht länger karitativen und kirchlichen Trägern überlassen“, kündigt EHC-Sprecher Kocks jetzt an.

Goldgräberzeit im Asylgewerbe scheint vorerst vorbei zu sein

Nachdem die Goldgräberzeit im Asylunterkunfts-Gewerbe zumindest vorerst vorüber zu sein scheint, muss man sich offensichtlich neu aufstellen. So hat EHC eine Stiftung gegründet, um sich sozial zu engagieren und neue Betätigungsfelder zu erschließen. Kocks räumt ein, man habe zu den Hochzeiten der Flüchtlingskrise oft „das Personal genommen, das wir bekommen konnten“. Inzwischen sei die Qualifizierung verbessert; so gebe es etwa eine Gewaltschutz-Schulung für Einrichtungsleiter. Für engagierte Mitarbeiter sei der Ruf des Dumping-Anbieters überdies sehr frustrierend.