Betroffen sind die Bewohner von 176 Mietwohnungen im Stadtteil Hörsterfeld. Mietervertreter fürchten, das könnte nur der Anfang sein.
- Erhöhung war umfangreiche Sanierung der Wohnungen vorausgegangen. Mieter fühlen sich aber überrumpelt
- Mietergemeinschaft hält die Erhöhung für nicht rechtens. Genehmigung der Mietkontrollstelle steht noch aus
- Besonders betroffen sind Hartz-IV-Empfänger, deren Miete nun höher ist als sie vom Gesetz her seien dürfte
Sozialmietern im Hörsterfeld flatterte jetzt eine Hiobsbotschaft in Form einer Mieterhöhung ins Haus. In dem mehrseitigen Schreiben teilt die Conwert Immobilienverwaltung ihnen mit, dass die Mieten zum 1. Dezember steigen werden. Um rund 25 Prozent!
Der angekündigten Mieterhöhung war eine umfangreiche Modernisierung von 176 Wohnungen am Baumertweg und am Von-Ossietzky-Ring vorausgegangen. Die Mietergemeinschaft Essen zweifelt die Rechtmäßigkeit der Mieterhöhung gleichwohl an und rät Betroffenen, Widerspruch einzulegen. Nach der Rechtsauffassung der Mietervertreter ist der Zuschlag durch die städtische Bewilligungsbehörde nicht genehmigungsfähig. Für die Modernisierung der Wohnungen seien keine öffentlichen Mittel bewilligt worden. Dem geforderten Aufschlag für die „energetische Modernisierung“ fehle eine nachvollziehbare Berechnungsgrundlage.
Nach Angaben der Stadt prüft die Mietkontrollstelle den Vorgang, ein Ergebnis steht noch aus. Selbst, wenn sich herausstellen sollte, dass die Mieterhöhung begründet sei, „wäre der soziale Wohnungsbau nicht mehr sozial“, sagt Siw Mammitzsch, Geschäftsführerin der Mietergemeinschaft Essen.
Die Mietervertreterin ist alarmiert, trifft die Mieterhöhung doch jene, die auf günstige Wohnungen angewiesen seien: Rentner und Bezieher von Sozialleistungen.
Monika Simon wohnt am Von-Ossietzky-Ring. Für ihre 67 Quadratmeter große Wohnung soll die Seniorin 80 Euro mehr bezahlen als bisher. Sie könne sich das noch leisten, sagt die 70-Jährige. Andere Mieter nicht. Ihre Nachbarin, eine alleinerziehende Mutter, sei verzweifelt.
Das dürfte für all jene Empfänger von Hartz IV gelten, deren Miete nun oberhalb der gesetzlichen Bemessungsgrenze liegt. Das Job-Center habe Betroffenen bereits mitgeteilt, dass die volle Miete nicht mehr übernommen werde. Wer die Differenz selbst nicht tragen kann, muss sich eine andere Wohnung suchen. Wer kündigt, dem bleibt bis Ende Januar Zeit. „Es ist völlig unrealistisch, in wenigen Wochen eine Wohnung zu finden“, sagt Siw Mammitzsch.
Für die Geschäftsführerin der Mietergemeinschaft ist es ein Fanal für das, was auf dem Wohnungsmarkt dräut. Der Bestand an Sozialwohnungen geht seit Jahren kontinuierlich zurück. Um den Bedarf bis 2020 zu decken, müssten nach Berechnung der NRW Bank in Essen jedes Jahr mindestens 1400 Wohnungen mit öffentlicher Förderung gebaut werden.
Auf die Einführung einer Sozialquote bei Neubauvorhaben wollte sich die Ratsmehrheit aus CDU und SPD nicht einlassen. Im Rat ließ Fraktionschef Rainer Marschan wissen, dass die Sozialdemokraten sich das nochmal überlegen wollen, sollte der Anteil der öffentlich geförderten Wohnungen am Gesamtbestand eklatant sinken.