Heisingen. .
Wer vor dem Altenzentrum Paulushof steht, ahnt nicht, dass sich in dem gerade renovierten Seniorenwohnheim das Heisinger Gedächtnis befindet: Im Kellergeschoss zwischen Paulushof und dem evangelischen Gemeindezentrum ist das kleine Bergbau- und Heimatmuseum untergebracht. Es erzählt die Geschichte des Dorfes an der Ruhr und der Zeche Carl Funke, die lange das Leben der Heisinger Familien bestimmte.
1984 wurde das Heimatmuseum zeitgleich mit dem Bau des Paulushofes von dem engagierten evangelischen Pfarrer Werner Hamacher gegründet. Ursprünglich war im Kellergeschoss eine Kegelbahn geplant, doch Werner Hamacher wollte kurz nach der Schließung der Zeche einen Ort schaffen, der an die Menschen erinnert, die dort gearbeitet haben.
Um es zu pflegen und zu erhalten enstand auch ein Museumskreis Heisingen. Dort treffen sich seitdem engagierte und geschichtsinteressierte Heisinger und Heisingerinnen. Einer von ihnen ist Heinz Schräer. Wenn der 87-Jährige durch das kleine Bergbau- und Heimatmuseum im Untergeschoss des Paulushofes läuft, dann ist er ganz in seinem Element. Stundenlang könnte der zweite Vorsitzende des Heisinger Museumskreises über die Exponate der Ausstellung erzählen. Denn jede Grubenlampe, jeder Lochstein, jede Heilige Barbara und jedes Foto hat eine eigene Geschichte, die untrennbar mit der Zeit verbunden ist, als in Heisingen noch der Bergbau den Takt vorgab und der Gruß „Glückauf!“ durch das Dorf am See schallte.
Letzte Zeugen des Bergbaus
Damals fuhren die Kumpel in Carl Funke ein. Bis 1977 war die Zeche am Baldeneysee in Betrieb. Heute gehören das Fördermaschinenhaus von 1880, ein Pförtnerhaus von 1920 am Ende der Carl-Funke-Straße und das Fördergerüst zusammen mit der Siedlung zu den letzten Relikten des Bergbaus in Heisingen.
Heinz Schräer gehört zwar nicht zu den letzten Zeitzeugen, aber es ist schon lange her, dass er aktiv war: Bergbau hat er als junger Mann von 1950 bis 1955 studiert, danach jahrzehntelang beim Gesamtverband des Deutschen Steinkohlebergbaus gearbeitet. Und so erklärt sich sein großes Faible für alles, was mit dem schwarzen Gold zu tun hat.
Seine Kenntnisse bringt der Heisinger erst seit 1999 in den kleinen Verein ein, „das war kurz nach meiner Pensionierung“. Damals waren viele Vereinsmitglieder eng mit dem Bergbau verbunden, waren auf Carl Funke und anderen Revierzechen eingefahren. Sie waren es auch, die nach und nach die Vitrinen und Wände des Museums füllten, darunter jede Menge Erinnerungsstücke an den Heisinger Pütt.
Schräers ganzer Stolz ist ein angedeuteter Streb mit einem Flöz, den Azubis der Ruhrkohle extra für das kleine Museum nachgebaut haben. „Irgendwann weiß kein Grundschüler mehr, wie es unter Tage ausgesehen hat. Da ist es gut, dass wir hier dieses begehbare Modell haben.“
Inzwischen hat das Museum mehr Exponate als Platz. So lagern zahllose Heilige Barbaras unter einem Modell der Zeche Carl Funke, „und wir bekommen immer noch welche dazu, wenn Enkel die Häuser ihrer Großeltern auflösen und auf dem Dachboden oder im Keller Andenken an die längst vergangene Zeit finden“, berichtet Schräer.
Nach wie vor steht der 87-Jährige, der lange erster Vorsitzender des Museumskreises war, gern für Führungen zur Verfügung. Dabei erzählt er nicht nur jede Menge Wissenswertes und Anekdoten aus der Kohlevergangenheit des südlichen Stadtteils, der im August 1929 nach Essen eingemeindet wurde.
Auch die Historie des Dorfes Heisingens, die laut Urkunden im Jahr 800 beginnt, kommt nicht zu kurz. Damals standen 23 Bauernhöfe im Ort. Urkunden, Landkarten und alte Fotos aus dem 19. und 20. Jahrhundert zeigen anschaulich die Entwicklung des Dorfes.
Kein eingeborener Heisinger
Dabei ist Heinz Schräer eigentlich gar kein eingeborener Heisinger: „So darf man sich nur nennen, wenn die Familie mindestens drei Generationen hier lebt“, sagt er lächelnd. „Und ich wohne erst seit 1962 hier.“