Werden. .

„Ich hatte gehofft, er macht bis zum bitteren Ende weiter – dann wäre es mir erspart geblieben, fürs Pfingst-Open-Air zuständig zu sein.“ Betty Fischer-Tauchmann, zuständig für die Jugendarbeit der Stadt, hat Essens ersten und bislang einzigen Jugendkulturbeauftragten launig verabschiedet. Die Feier richtete Gerd Dubiel dort aus, wo seine Karriere in der Stadt Essen begann: im Jugend- und Bürgerzentrum Werden. Wegbegleiter, Kollegen, Freunde und auch ehemalige Jugendliche, die von Dubiels Arbeit profitiert hatten, waren ins Jubb gekommen, um sich bei Gerd Dubiel zu bedanken. Schließlich ist die Liste der Projekte, die der Wahl-Werdener in seiner 37-jährigen Dienstzeit ins Rollen gebracht hat, nicht gerade kurz.

„Ich habe 1980 hier angefangen, als das Haus noch gar nicht eröffnet war“, erinnert sich der heute 63-Jährige, der zum 1. Januar 2017 in die Rolle des Pensionärs schlüpfen wird. Eine tolle Anfangszeit sei es gewesen, um in den Beruf hineinzukommen. Auch wenn schon in dieser frühen Phase solcherlei Probleme auftauchten, die ihn von da ab für den Rest seines Berufslebens begleiten sollten: „Ich habe schon damals das Spannungsfeld zwischen der notwendigen Flexibilität der Jugendkulturarbeit und der städtischen Verwaltung samt Haushaltsrecht kennengelernt.“

In einem solchen Spannungsfeld entstand die erste Initiative im Jubb, deren Name man auf die schon damals herrschenden Finanznöte in Sachen Jugendkulturarbeit hätte beziehen können: Tatsächlich habe „Kies“ jedoch für „Kulturinitiative im Essener Süden“ gestanden, so Dubiel. Ziel sei es bereits damals gewesen, die Kultur der Jugendlichen wahrzunehmen und zu unterstützen. „Wir haben von den Jugendlichen sehr schnell viel Feedback bekommen, das uns in unserer Arbeit sehr weitergebracht hat.“

Ob Rock, Hiphop, Graffiti, Skaten oder bildende Kunst: Die Genres, mit denen Dubiel und seine Mitstreiter Leben in die Stadt brachten, waren schier grenzenlos.

Fähigkeit zur Improvisation

Nicht immer ging alles ohne Stolpersteine vonstatten, doch mit frischen Ideen und manches Mal mit der Fähigkeit zur Improvisation wurden die meisten Probleme gelöst. Etwa seinerzeit bei einer Skaterveranstaltung auf dem Dach des Ikea-Parkhauses: Dort sollte die Szene-Kultfigur Titus die Anlage spendieren. „Doch er tauchte mit den Halfpipes nicht auf“, erinnert sich Dubiel, der die Veranstaltung deshalb schon abblasen wollte – doch die Jugendlichen überredeten ihn, durchzuhalten. Und tatsächlich erschien Titus dann doch noch, mit gehöriger Verspätung. „Die Jungs haben die Geräte komplett hochgeschleppt und aufgebaut – und hinterher auch wieder heruntergebracht.“

Manche Hilfskonstrukte, die Dubiel initiierte, existieren heute noch: allen voran der Rockförderverein, dessen oberste Aufgabe es war und ist, das Pfingst Open Air im Löwental zu unterstützen: Dieses jährliche Umsonst-und-draußen-Festival gehört wohl zu den beeindruckendsten Veranstaltungsreihen in der Stadt – und es ist ein „Kind“ Dubiels. Die erhöhten Sicherheitsauflagen im Zuge des Love-Parade-Unglücks brachten das Festival 2011 zwar zum Straucheln: Erstmals seit vielen Jahren musste es abgesagt werden. Doch der Rockförderverein arbeitete gemeinsam mit der Stadt fieberhaft an einem realisierbaren Sicherheitskonzept. Dabei galt es zusätzlich, Sponsoren und Gelder aufzutreiben, um die durch die strengeren Auflagen entstandenen Mehrkosten aufzufangen.

Mit Erfolg: In diesem Jahr stieg die 34. Auflage mit zugkräftigen Headlinern wie den Donots und „Zugezogen Maskulin“. Doch auch für Essener Nachwuchsbands ist auf der Werdener Bühne jedes Jahr Platz.

Kooperation der Ämter

Ein gutes Beispiel dafür, dass Ämter durchaus gut zusammenarbeiten können, sei die Jugendkunstausstellung. Im Kulturhauptstadtjahr wurde das Projekt europäisch: Nicht nur Essener Jugendliche, sondern auch 14- bis 23-Jährige aus den Nachbarkommunen und Partnerstädten nehmen seitdem an der Ausstellung auf Zollverein teil.

Dies alles seien Beispiele dafür, dass Jugendkultur in Essen auch weiterhin zentral agieren sollte: „So kann man den Strukturanforderungen gerecht werden und Highlights erarbeiten“, stellt Dubiel heraus. Seinem noch zu bestimmenden Nachfolger rät der baldige Pensionär: „Er oder sie sollte sich freimachen vom Alten.“ Wobei er sich dennoch darüber freuen würde, wenn einige bewährte Dinge weitergeführt werden, räumt er lächelnd ein.