Essen. . Der Fotograf Wolfgang Kleber zeigt mehr als 40 weibliche Akt- und Porträtfotografien aus mehr als fünf Jahrzehnten. Ausstellung in der Galerie Klose

Es gibt Fotografen, die sind überzeugt, Menschen mit der Kamera unter die Haut schauen zu können – ihre Sehnsüchte, Ängste, ihren Stolz in Sekundenbruchteilen festzuhalten. Wolfgang Kleber freilich weiß, dass Haut doch weit mehr sein kann als ein Informationsträger für innere Zustände und gelebte Jahre – sondern mal porzellanzarter Panzer, mal Reklametafel fürs Ego, mal schiere Projektionsfläche für interessierte Betrachterblicke ist. „Und ewig lockt die Oberfläche“ heißt deshalb die Ausstellung, die der Essener Fotograf derzeit in der Galerie Klose zeigt. Die Schau mit mehr als 40 Akt- und Porträtfotografien von Frauen soll dabei weit mehr sein als eine Ode an die weibliche Schönheit, die perfekte Erscheinung. Es ist vielmehr das Ergebnis einer über Jahrzehnte geführten Auseinandersetzung mit der alten Frage, was das Äußere über unsere Persönlichkeit erzählen kann, was wir zeigen, verschleiern, kaschieren wollen, wenn die Kamera unser Inneres erkunden wil .

Frauen jeden Alters, jeder Nationalität, jeder Herkunft und Hautfarbe hat Kleber dafür vor die Kamera gebeten: junge und reife Frauen, bekannte und unbekannte, verschleierte Frauen, unbekleidete Frauen, Frauen in Uniform. Ein Kaleidoskop weiblicher Befindlichkeiten und doch ein Zufallsbild persönlicher Begegnungen.

Was alle Frauenporträts eint, ist der konzentrierte, bisweilen ernste Blick. „Bitte nicht lächeln“, lautete meist die einzige Anweisung des Essener Fotografen. Zu eingeübt, zu stereotyp ist die Praxis der hochgezogenen Mundwinkel in unserer Smile-fixierten Selfie-Zeit.

Und so sind über mehr als vier Jahrzehnte Bilder entstanden, die Zeiten und Moden, aber eben auch das sich wandelnde weibliche Selbstverständnis spiegeln. Angefangen beim Nachbarmädchen Cornelia, das Kleber im zarten Alter von 14 Jahren mit gefalteten Händen portraitiert. Das Bild wird irgendwann der „Auslöser“ für eine Serie, die Kleber erst vor zwei Jahren wieder ganz konkret als Ausstellungsthema in Angriff nimmt. Da fügen sich plötzlich Aufnahmen aus den 70ern, den 80ern, den 90ern zu einem Panorama der Gesichter und Geschichten: das Aktmodell Kathy Cobbs 1969, kurz vor ihrem Drogentod, die melancholische Elisabetta in Paris 1970, die stolze Laula in lasziver „Big Nude“-Pose 1983, die blanke Schulter der Momoka 2011 in Düsseldorf, seine Frau Agnes Wallek, ausdrucksstark im Bürgermeisterhaus. Frauenbilder voller Gegensätze zeigt Kleber, wenn er die Frau eines Hisbollah-Kämpfers in Beirut ablichtet und eine israelische Soldatin in Uniform.

Schattierungen des Lebens

„Ich hätte so eine Serie auch von Männern zeigen können“, sagt Kleber. Und doch hat nicht nur die Oberfläche, sondern auch das ewig Weibliche zu einer Porträtschau verlockt, die das Geheimnis der Oberfläche mit Licht, Geduld und einem Gespür für die vielen Schattierungen des Lebens wirkungsvoll in Szene zu setzen weiß.