Essen. Bei Kennametal Widia steht der traditionelle Kern des Betriebes, die Mischerei, vor dem Aus. Die Beschäftigten wollen das nicht kampflos hinnehmen.


Die Belegschaft des Hartmetall-Werkes Kennametal Widia will den drohenden Arbeitsplatzabbau nicht kampflos hinnehmen. „Wir befürchten, dass es betriebsbedingte Kündigungen geben wird. Dagegen werden wir uns wehren“, kündigte der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Freye auf einer Kundgebung an. Viele Mitarbeiter der Frühschicht hatten sich am Freitag um 12 Uhr vor dem Werkstor versammelt, um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen.

Mitte der Woche war bekannt geworden, dass der US-Mutterkonzern die Mischerei in Essen Mitte kommenden Jahres schließen will. „Widia würde seine Kernkompetenz verlieren“, sagte Alfons Rüther von der IG Metall. Vor 90 Jahren hatte Krupp das Hartmetallwerk gegründet. In der Blüte beschäftigte Widia in Essen um die 3000 Mitarbeiter. Neben der Mischerei ist auch die Stäbeproduktion bedroht sowie das Lager. Würde das alles wegfallen, dann seien über 70 Arbeitsplätze weg, heißt es.

Das traditionsreiche Unternehmen Widia kommt damit nicht zur Ruhe. Die Mitarbeiter sind Kummer gewohnt. „Wir erleben seit Jahren einen Aderlass sondergleichen“, sagte Freye. Allein in den vergangenen drei Jahren sind rund 100 Arbeitsplätze wegrationalisiert worden, so dass heute noch 430 Mitarbeiter an der Münchner Straße beschäftigt sind. Der Jobabbau gelang zuletzt zumindest sozialverträglich – durch Altersmodelle. Freye befürchtet, dass das bei weiteren 70 Arbeitsplätzen nicht mehr gelingen würde.

70 Arbeitsplätze bei Widia in Essen in Gefahr

Die Mitarbeiter wollen zwar kämpfen. Die Zuversicht, dass man die Pläne kippen kann, scheint aber nicht groß zu sein: „Ich hab nicht viel Hoffnung, dass da noch was zu retten ist“, sagt ein Mitarbeiter, der schon 25 Jahre dabei ist. Es gebe seit Jahren nur noch Hiobsbotschaften. „Ich hab das Gefühl, hier geht es peu à peu den Bach runter.“

Auch Freye macht sich große Sorgen. Wenn die Mischerei geschlossen wird, dann gehe das Herzstück, das Widia ausmacht, verloren. „Dann sind wir im Grunde kein Hartmetallwerk mehr“, sagt der Betriebsrat. Der Grundstoff soll künftig aus anderen Werken, vorzugsweise aus den USA kommen. Die Essener befürchten zum einen Qualitätseinbußen und wären zum anderen nichts anderes mehr als eine verlängerte Werkbank. „Heute sind wir eine Bäckerei, dann wären wir nur noch eine Aufbackstation“, so ein Mitarbeiter.

Eine Konzernsprecherin verteidigt indes die Strategie: „Kennametal wird die technologische Entwicklung im Essener Werk fortführen und plant, das Werk mit diesen Maßnahmen für zukünftiges Wachstum aufzustellen und wettbewerbsfähig zu machen.“ Es gehe darum, die Produktivität zu steigern und die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes zu stärken.

Die Essener hat die Ankündigung des Konzerns kalt erwischt. Im Sommer hatte das Management in den USA zwar bereits angekündigt, 1000 Stellen konzernweit streichen zu wollen. Welch große Auswirkungen das auf Essen haben würde, ahnte damals niemand. Freye wirft der Konzernspitze vor, Entscheidungen im fernen Pennsylvania zu treffen, „ohne die konkreten Bedingungen vor Ort zu kennen“.