Essen. . Zum 10. Jubiläum von „638 Kilo Tanz“ sorgen Festival-Macherinnen noch einmal  für großes Programm: mit Partnern vom Museum Folkwang bis zur Evag.

E oder U, freie Bühne oder Stadttheater – die alten Unterscheidungen im Kulturbetrieb haben Jelena Ivanovic und Sabina Stücker, die Macherinnen des Tanzfestivals „638 Kilo Tanz“, noch nie so richtig interessiert. Wobei das Festival vor zehn Jahren auch mal mit der Bescheidenheit eines Off-Projektes angefangen hat, mit Tanzminiaturen im Katakomben-Theater und Talenthäppchen zum selbst mitgebrachten Buffet.

Dass der Kreis der Mitgestalter und Unterstützter immer größer geworden ist und inzwischen auch die großen Kulturinstitute vom Schauspiel Essen bis zum Museum Folkwang mit dabei sind, wenn das Festival „638 Kilo Tanz. . . und weitere Delikatessen“ vom 10. bis zum 13. November nun auch zu abendfüllenden Programmen bittet, das liegt nicht nur an der Beliebtheit dieses besonderen Formats beim Publikum, sondern auch an der großen Überzeugungs- und Vernetzungskraft der beiden Essener Chorografinnen.

Zum Jubiläum finden Auftritte an außergewöhnlichen Orten statt

Informationen zum Festival

Das Festival startet am 10. November, 19.30 Uhr in der Casa des Schauspiel Essen mit einem Stück von Lea Moro. In „Le Sacre Du Printemps“ verbinden sich archaische Tanz-Energie mit Heavy- Metal-Anteilen. Teil zwei bestreitet das Performancekollektiv „soom“ mit „Die Jagd“, dem medialen Reizangriff auf unsere Wahrnehmung.

Mit der Zeit in der israelischen Armee beschäftigt sich „Leviah“, die Arbeit von Reut Shemesh am 11. November, 19.30 Uhr, in der Casa. Für eine „Camouflage“ sorgt anschließend die türkische Choreografin Özlem Alkis. Tickets: 18/15 € unter 8122-200.

Erforderliche Reservierungen fürs Maschinenhaus (18/15 €) unter www.maschinenhaus-essen.de/Reservierungen für das Grugabad (15/10 €): mail@sabina-stuecker.de

Und obwohl es doch gerade so richtig gut läuft, neben Stadt, Land und der Sparkasse auch die Kulturstiftung Essen und die Krupp-Stiftung den Kreis der Sponsoren erweitern, nehmen sich Ivanovic und Stücker nach dem Jubiläumsauftritt erst mal eine Auszeit. „Wir wollen nicht Gefahr laufen, uns zu wiederholen“, erklärt Ivanovic das vorläufige Ende dieser Reihe.

Zum zehnten Jubiläum aber wollen sie es „noch einmal richtig krachen lassen“. Vier Tage lang gibt es volles Programm. Und das an Orten, wo man den Tanz nicht unbedingt erwartet. In der U-Bahnstation Philharmonie beispielsweise, wo die letzte Fahrt in der Nacht zum Samstag mit einem Tango-Experiment von Jelena Ivanovic und den jungen Musikern des Folkwang Kammerorchesters endet.

Oder im Grugabad, wo zwischen Herbstlaub und dem dann schon leicht verwitterten Schwimmerbecken am Sonntagnachmittag plötzlich Absolventen der Folkwang-Universität wie Paul Hess und sein Tanzsolo über das Dressurpferd „Totilas“ das Terrain erobern und mit Film, Musik und Performance für ein völlig neues Freibadgefühl sorgen. Für Kurt Uhlendahl von den Sport- und Bäderbetrieben ist es ein Experiment. Allein 20 Kilometer Kabel müssen für das Open-Air-Gastspiel verlegt werden. Für Stücker und Ivanovic auch ein Anlass, den Ort und seinen 60er-Jahre-Charme noch einmal ganz anders wahrzunehmen.

Neben Performance-Theater kommt Kulinarisches nicht zu kurz

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Und so funktioniert es eben, dieses Festival-Prinzip, das durch seine programmatische Offenheit immer wieder neue Allianzen schmiedet, Unterstützer findet und Akteure vernetzt. Sport und Kultur finden da genauso zusammen wie eingeschworene Tanztheater-Fans und absolute Performance-Neulinge.

Und bei aller Begeisterung für die zeitgenössische Tanzkunst wird auch das Kulinarische nie vergessen. Frank Schulte und Oliver Schneider machen die Koch-Kunst am 12. November im Maschinenhaus der Zeche Carl sogar zum Performance-Thema. Wo geräuschvoll gebrutzelt und gekonnt gesampelt wird, darf am Ende übrigens auch gegessen werden.

Besonderer Tanz in den Museums-Innenhöfen der Folkwang

Eine besondere Premiere feiert das „638 Kilo Tanz“-Festival am 12. November, wenn es die Innenhöfe des Museum Folkwang von 14 bis 16 Uhr erstmals als Tanzbühne bespielt. Die Arbeiten von jungen Choreografen wie Carla Jordao oder Fornier Ortiz nehmen dabei auch einen schönen Bezug zum Titel der aktuellen Ausstellung „Dancing with Myself“.

Bei allen Neuerungen wird auch die Tradition gepflegt: Das Publikum darf wie immer mit über die beste Festival-Produktion abstimmen – mit Weihnachtskugeln.