Die traditionelle Verbraucherschau „Mode Heim Handwerk“ startet am 5. November - nicht ohne rund 60 Selbsthilfegruppen aus Essen und Umgebung.

  • Und wenn es nur ein Infozettel ist, der mitgenommen wird: Bis zu 15 000 Kontakte pro Messe
  • Gruppen zu Themen wie Diabetes oder Rheuma sind jeden Tag vor Ort
  • Selbsthilfekoordination „Wiese“ bemüht sich derzeit verstärkt um die Bildung neuer Gruppen in Essen

Zwischen Weihnachtskerzen, Hundeleinen und Thermomix-Schaukochen geht es um Depression, Ängste, Rheuma, Psychosen: Rund 60 Essener Selbsthilfegruppen sind in diesem Jahr auf der traditionellen Verbrauchermesse „Mode Heim Handwerk“ vertreten. Die Schau, die am Samstag, 5. November, startet, zählt für viele Selbsthilfe-Organisationen zu den wichtigsten Terminen des Jahres. „Insgesamt zählen wir pro Messe 12000 bis 15000 Kontakte“, berichtet Christel Dickgreber von der Beratungsstelle „Wiese e.V.“, die die Arbeit der rund 600 Selbsthilfe-Gruppen im Essener Stadtgebiet koordiniert.

Viele Messebesucher seien zwar zunächst durchaus „irritiert“, wenn sie an die Selbsthilfe-Stände kommen, aber: „Wir erfahren, dass viele Betroffene auf der Messe zum ersten Mal von uns erfahren haben. Die melden sich dann später, wenn sie in eine Krisensituation kommen“, schildert Christel Dickgreber. Entsprechend betrachte man bei der „Wiese e.V.“ die traditionsreiche Verbrauchermesse als „Selbsthilfe-Tage“: „Würden wir nicht auf der Messe stehen, wären wir einmal im Jahr auf dem Kennedyplatz, um unsere Arbeit der Öffentlichkeit vorzustellen“, mutmaßt Gabriele Becker von der „Wiese e.V.“ Schon seit 26 Jahren ist die Selbsthilfe-Organisation auf der Messe vertreten; in diesem Jahr erstmals in Halle sechs, wegen der laufenden Umbauten an der Messe.

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Doch auch ohne den jährlichen Messe-Auftritt versuchen die Mitarbeiterinnen der „Wiese e.V.“ derzeit, der Flut von Anfragen gerecht zu werden, die telefonisch eingehen: „Mehr als die Hälfte der Anfragen bezieht sich auf die Themen Depression und Angststörungen“, berichtet Michaela Weber-Freitag. Mit ihrer Kollegin Lara Trebink, die jüngst neu ins Team gekommen ist, versucht sie bei der „Wiese e.V.“ derzeit, Gruppenbildungen zu erleichtern – denn an Selbsthilfekreisen für genannte Themen mangelt es zurzeit. „Wir haben nicht genügend“, sagt Michaela Weber-Freitag. Entsprechend sind sie derzeit damit beschäftigt, Krankenhauspersonal zu schulen, sodass Patienten nach der Entlassung zur Bildung von Selbsthilfegruppen ermuntert werden. Auch der Kontakt zu den sozialpsychischen Zentren werde verstärkt.

Ganz konkret - neben den großen Themen Angst und Depression - fehlten derzeit zum Beispiel Gruppen, in denen sich Angehörige von Menschen treffen können, die vom „Messi“-Syndrom betroffen sind. Auch für Kinder psychisch kranker Eltern gebe es kein Angebot.

Darüber hinaus bemüht sich die „Wiese“, verstärkt Migranten zu gewinnen für die Bildung von Selbsthilfegruppen – Volksleiden wie Depression, die selbstverständlich auch unter Migranten verbreitet seien, würden jedoch in vielen Kreisen nur wenig zur Sprache kommen. Bei der „Wiese“ ist man derzeit mit Netzwerk-Arbeit beschäftigt. „Es ist nicht leicht“, räumt Gabriele Becker ein, „die Betroffenen angemessen zu erreichen.“