Essen. . Bei „Gardinen Haase“ fällt der Vorhang. Das Unternehmen aus Bochold steht vor dem Aus, der Abverkauf der Waren hat begonnen.
- Das Bocholder Unternehmen „Gardinen Haase“ musste Insolvenz anmelden
- 100 Mitarbeiter erhalten am Donnerstag die Kündigung
- Der Abverkauf läuft noch ein paar Wochen und hilft den Beschäftigten
Vergangenes Jahr hatte Reiner Haase noch den 50. Geburtstag seines gleichnamigen Unternehmens „Gardinen Haase“ feiern können. Knapp ein Jahr später ist das Traditionsunternehmen mit 25 eigenen Läden und 15 Verkaufspunkten in Warenhäusern am Ende. Insolvenz, Abwicklung, Aus. Auch ein Rettungsversuch der Belegschaft scheiterte.
Zurzeit läuft bereits der Rabattverkauf, es folgt der Ausverkauf und dann wird Reiner Haase sein Unternehmen mit Sitz am Wolfsbankring in Bochold endgültig zuschließen müssen. „Ich habe ein Lächeln im Gesicht, aber mein Herz weint“, sagte der Unternehmer am Mittwoch. Alle 100 Mitarbeiter erhalten am Donnerstag die Kündigung, manche sind ohnehin schon freigestellt, weil sie woanders Arbeit gefunden haben.
Reiner Haase ist 81 Jahre alt, führte bis zuletzt immer noch die Geschäfte des von ihm gegründeten Unternehmens. Der gebürtige Schleswig-Holsteiner ist Familienunternehmer alter Schule, duzt seine Mitarbeiter und hielt nichts von Statussymbolen aber viel von Tugenden. Wahrscheinlich fiel ihm das am Ende mit auf die Füße.
Die Fehler des Unternehmens
Beispielsweise ließ er bis zum Schluss ausschließlich in Essen nähen, beschäftigte in seiner Näherei rund 40 Frauen verschiedener Nationalitäten. Für ihn war das ein Stück geleistete Integration. Auch steckte er, als die Geschäfte nicht mehr so gut liefen, viel privates Vermögen in die Firma. In einem früheren Gespräch sagte er sinngemäß: „Viele Jahre hat mich das Unternehmen ernährt, jetzt gebe ich das zurück.“
Doch am Ende blieb die bittere Erkenntnis: „Es hat nicht gereicht. Wir haben zu wenig Umsatz gemacht.“ Die Gardinen von Haase galten zwar als hochwertig, waren aber auch vergleichsweise teuer. Günstigere Ware in Möbelhäusern und im Internet machten der Firma das Leben schwer. Auch gibt es derzeit gerade bei Jüngeren eher den Trend zum Minimalismus statt zu üppigem Fensterschmuck.
Hinzu kam, dass Reiner Haase den Sprung ins Internet verpasst und in den vergangenen Jahren wenig in die Produktion investiert habe. Das sagt die IG Metall, die bis zum Schluss um die Rettung mit gerungen hatte und die darin die Gründe sieht, warum sich kein Investor finden ließ. Einige Mitarbeiter waren mutiger. Sie wollten Teile des Unternehmens nach der Insolvenz fortführen. Doch ihr Unternehmenskonzept hatte laut Gewerkschaft keinen Anklang bei den heimischen Banken gefunden, so dass die Übernahme an der Finanzierung scheiterte. „Wir sind von der Zurückhaltung der Banken enttäuscht, denn das Unternehmenskonzept stützte sich wesentlich auf einen intensiven Onlinehandel, der bisher im Gardinenmarkt nicht besteht“, sagt Alfons Rüther von der IG Metall Essen.
Die Anfänge der Firma „Gardinen Haase“
Die Liebe zu Gardinen entdeckte Reiner Haase während seiner Lehre in einem Kaufhaus in seiner Heimat Schleswig-Holstein. Danach entschied er sich für eine Anstellung im renommierten Borbecker Kaufhaus Lembeck und kam so ins Ruhrgebiet. Bei Lembeck führte der damals 23-Jährige die Gardinenabteilung. Nach sechs Jahren dort machte er sich selbstständig.
In einer Hinterhofgarage in Borbeck im Weidkamp baute er zunächst eine Gardinen-Produktion auf, erst später kam der Handel dazu.
Ein kleiner Trost bleibt am Ende: Der Rabattverkauf ist gut angelaufen und alle hoffen, dass dies bis zur endgültigen Schließung anhält. Denn: „Jeder Euro hilft den Beschäftigten, weil durch den Gardinenverkauf der Sozialplan bedient werden kann und so die Belegschaft noch auf eine Abfindung hoffen darf“, sagt Alfons Rüther.