Essen. . Fünf Jahre vergingen zwischen Ratsbeschluss und Eröffnung im Juli: Nun zieht das Essener Welcome-Center für ausländische Fachkräfte eine erste Bilanz.
- Welcome-Center Essen zieht nach drei Monaten eine erste Bilanz
- Zwei Drittel der Beratungsgespräche werden auf Englisch geführt
- Ausländische Fachkräfte seien mit dem Service zufrieden
Fünf Jahre vergingen nach dem entsprechenden Ratsbeschluss, bevor das Welcome-Center seinen Betrieb aufnehmen konnte. Bis dahin hatten seine Befürworter diverse Rückschläge hinnehmen müssen, hatte sich die anfangs vorgesehene Leiterin aus Essen verabschiedet. Im Juli startete das Team dann in aller Stille – die Eröffnungsfeier holte man am gestrigen Montag nach.
Das hat den Vorteil, dass Annika Grabenkamp als neue Leiterin des Welcome-Centers schon über erste Praxiserfahrungen berichten kann. Nein, vor den frisch renovierten Räumen an der Hollestraße 3 – schräg gegenüber des Hauptbahnhofs – habe es „keine Menschentrauben“ gegeben. Man müsse sich ja erst bekannt machen: Das Welcome-Center wendet sich an jene Neubürger, die „zu Erwerbszwecken“ ins Land kommen. „Etwa jemand, der bei einem hiesigen Konzern anfängt oder als Forscher an die Uni berufen wird, aber auch Selbstständige, die sich hier niederlassen wollen“, sagt Grabenkamps Stellvertreter Christian Steffens.
Der Zustrom von Flüchtlingen mag den Blick dafür verstellt haben, doch Essen ist durchaus auch für hochqualifizierte Fachkräfte interessant – und sie sind es für die Stadt. Also erspart man ihnen nun den Gang zum Ausländeramt, bietet ihnen einen Service, der über die Meldeformalitäten hinausgeht.
„Besonders interessiert die Leute, wo es Sprachkurse für ihre Ehepartner gibt und wie sie ihre Kinder rasch an Schulen und Kitas anmelden können“, sagt Annika Grabenkamp. Der Wille zur Integration sei ausgeprägt – und passt damit gut zum Welcome-Motto: „Let’s make it your home“ – nicht bloß Adresse, sondern Zuhause soll Essen sein.
Darum gibt das fünfköpfige Team auch Auskunft über Wohnungssuche, Freizeitangebote, Gesundheitswesen oder öffentlichen Nahverkehr. Auch hält man Kontakt zur Industrie- und Handelskammer, etwa um gründungswilligen Neu-Essenern helfen zu können. Wie jener Exportfirma, die in Essen hergestellte Chicken Nuggets tiefgefroren in den Nahen Osten verkauft. „Das Etikett Made in Germany ist halt gefragt.“
Umgekehrt seien bei einigen Essener Firmen ausländische Fachleute gefragt. „Diese Unternehmen legen Wert darauf, dass die Aufenthalts- und Meldefragen ihrer Mitarbeiter zügig erledigt werden“, so Grabenkamp. Wer am Montag im Welcome-Center anfrage, solle daher im Idealfall für die laufende Woche einen Termin bekommen. Dann nehme man sich auch mal zwei, drei Stunden Zeit, und verweise die Neubürger nicht nur an andere Stellen weiter, sondern vereinbare dort gleich Termine für sie.
Zum Service gehört, dass alle Mitarbeiter Englisch sprechen, einzelne beherrschen zudem Französisch, Spanisch, Holländisch oder Serbokroatisch. „Zwei Drittel der Gespräche führen wir auf Englisch – das sorgt für eine ganz andere Atmosphäre, als wenn es heißt: Amtssprache ist Deutsch“, glaubt Annika Grabenkamp. Wie viele Leute das Welcome-Center in den ersten drei Monaten aufsuchten, verrät die Stadt nicht, aber das Feedback sei positiv: „Einer schrieb, in keinem Land der Welt sei er so gut aufgenommen worden wie hier.“
Mancher Essener, der im benachbarten Bürgeramt lange auf einen Termin warten muss, dürfte sich über die Vorzugsbehandlung wundern. Doch Personaldezernent Christian Kromberg hält den Vergleich für unzulässig. „Wir bieten hier ein besondere Beratungsleistung, die in Nordrhein-Westfalen einmalig ist. Es gibt viele Städte, die sich das bei uns anschauen wollen.“ Bei der offiziellen Eröffnung am Montag betonte auch Oberbürgermeister Thomas Kufen, dass das Welcome-Center Aushängeschild und Standortfaktor für Essen sei: „Es ist ein Service, der dazu beitragen kann, die Wirtschaft der Stadt langfristig zu stärken.“
Erste Anlaufstelle für Neubürger
Das Welcome-Center an der Hollestraße 3 ist erste Anlaufstelle für ausländische Neubürger, die sich zu Erwerbszwecken in Essen niederlassen wollen. Z.B. qualifizierte Fachkräfte, die eine Blaue Karte beantragen wollen.
Für Flüchtlinge, Asylbewerber oder Geduldete ist weiter die Ausländerbehörde an der Schederhofstraße zuständig.