Essen-Rüttenscheid. . Selbst bei 1000 neuen Wohnungen sind die Straßen in Rüttenscheid noch nicht am Limit, heißt es in dem Gutachten. Ändern muss sich dennoch einiges.
- Stadtplaner Hans-Jürgen Best hat das von der Stadt in Auftrag gegebene Verkehrsgutachten vorgestellt
- Planer bescheinigen „angespannte aber nicht überlastete“ Verkehrssituation
- Neue Linksabbieger und eine Sackgasse sollen Straßen entlasten, wenn Neubauten stehen
Die Straßen in Rüttenscheid können noch mehr Verkehr verkraften: Das ist das Ergebnis einer Verkehrsuntersuchung, die die Stadt Essen vor dem Hintergrund von 1000 geplanten neuen Wohnungen für den südlichen Bereich des Stadtteils in Auftrag gegeben hatte. Das Aachener Büro für Stadt- und Verkehrsplanung kommt zu dem Schluss, dass die heutige Situation zwar angespannt, aber nicht überlastet sei.
Die Planer machen zudem einige Vorschläge zur zukünftigen Entlastung, etwa den Bau eines Linksabbiegers auf die Wittenbergstraße, die als Hauptverkehrsachse gilt. Zudem sollen Schleichwege mit Hilfe einiger Sperrungen vermieden werden. Nach den Berechnungen der Planer werden durch die zahlreichen Neubauprojekte täglich rund 5300 zusätzliche Fahrten verursacht. Die Infrastruktur sei jedoch ausreichend, um diese zusätzliche Belastung zu stemmen.
Außen vor ist dabei die Rüttenscheider Straße: Sie sei im Betrachtungsraum „derzeit die einzige Fahrstrecke, die ein zügiges Fortkommen nicht gewährleistet“, heißt es. Die Rü gehöre allerdings auch nicht zum Hauptverkehrsnetz.
Verkehrsgutachten: 5300 Fahrten mehr pro Tag in Rüttenscheid
Grundsätzlich können die Straßen in Rüttenscheid noch mehr Verkehr aushalten: Zu diesem Kernergebnis kommt ein umfassendes Gutachten, das das Aachener Büro für Stadt- und Verkehrsplanung (BSV) im Auftrag der Stadt Essen erstellt hat. Stadtplaner Hans-Jürgen Best präsentierte die Ergebnisse in Grundzügen beim kommunalpolitischen Abend der CDU Rüttenscheid – und stieß damit bei einigen Bürgern auf Gegenwind. Sie befürchten mit dem Bau von mehr als 1000 neuen Wohnungen zwischen Manfred- und Henri-Dunant-Straße eine Verschärfung der Verkehrssituation in Rüttenscheid.
Dabei attestieren die Gutachter dem Hauptverkehrsnetz im Stadtteil eine „gute Leistungsfähigkeit“. Die heutige Situation sei zwar angespannt, aber nicht am Limit. Eine Überlastung prognostizieren die Verkehrsexperten für die Kreuzung Müller-Breslau-/Paulinen-/Franziskastraße – allerdings nur dann, wenn die Stadt nichts an der Verkehrsführung ändert. Mit dem Bau eines Linksabbiegers von der Wittekind- auf die Wittenbergstraße und einer Sperrung der Walpurgisstraße für den Durchgangsverkehr könnte die Situation entschärft und Schleichverkehre könnten vermieden werden, heißt es in dem Gutachten, das nun zur Beratung in die politischen Gremien geht.
Henri-Dunant-Straße wird deutlich mehr belastet
Kritik der Bürger kam etwa hinsichtlich der angespannten Parkplatzsituation. „Ein Stellplatz pro neuer Wohnung reicht niemals aus, wo sollen denn die ganzen Autos hin?“, fragte ein besorgter Zuhörer.
Vor allem aus dem Gebiet rund um die Henri-Dunant-Straße und dem Vöcklinger Hang waren viele Nachbarn gekommen: Mit 420 Wohnungen und einer neuen Kindertagesstätte auf dem Gelände der ehemaligen Pädagogischen Hochschule sowie weiteren rund 50 Wohnungen auf dem Areal des abgerissenen Straßenamts, sind sie von der Neubebauung besonders betroffen. Das verdeutlichen auch die Zahlen aus dem Gutachten: Darin werden allein für die Henri-Dunant-Straße zusätzlich zum heutigen Verkehr 1826 Pkw- und 118 Lkw-Fahrten pro Werktag prognostiziert. Zwar heißt es in der Studie, die Infrastruktur der Straße könne diese zusätzlichen Verkehre aufnehmen. Best räumte jedoch ein, dass sich die Stadt „für diese Ecke“ etwas überlegen müsse – etwa in Form zusätzlicher Abbiegespuren, einer Umstrukturierung der Straße und einer Anpassung der Ampel-Taktung. „Wenn wir keine Lösung für eine Verkehrsentlastung dort finden“, so Best, „bin ich soweit zu sagen, dass wir das Baugebiet dann eben verkleinern müssen.“ Insgesamt ergeben sich durch die Neubauten 5300 zusätzliche Fahrten täglich in Rüttenscheid.
Für Diskussionen sorgte auch der von den Gutachtern als sinnvoll erachtete Vorschlag zum Ausbau des „Rommenhöller Gleises“ zu einem Rad- und Fußgängerweg: Die Trasse könnte von der A52 über die stillgelegte Bahnbrücke bis zur Gruga-Trasse führen. In der Studie heißt es, mit einem solchen Ausbau könnte das benachbarte Schulzentrum leichter erreicht werden. Einige Anlieger und Kritiker verweisen jedoch auf den ohnehin schon ausgebauten Radweg entlang der Müller-Breslau-Straße, über den die Gruga-Trasse schon jetzt zu erreichen sei.
Steag will Zulieferung zum Heizkraftwerk gesichert wissen
Einige Anwohner und auch Verantwortliche der Steag haben nach Angaben von Stadtplaner Hans-Jürgen Best bereits ihren Protest angekündigt, wenn die Walpurgis-straße an der Kreuzung zur Grugatrasse und Wittekindstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt werden sollte.
Auf Anfrage bei dem Energieerzeuger heißt es, dass man das gesamte Neubauverfahren in der Nachbarschaft „konstruktiv begleite“. Gleichwohl müsse natürlich die Belieferung für das Heizkraftwerk sichergestellt werden, so Steag-Sprecher Jürgen Fröhlich. So wird das Heizkraftwerk gegenüber der ehemaligen Holz-Conrad-Fläche noch immer mit Kohle beliefert, diese Zufahrt müsse weiterhin bestehen. Auf dem Gelände der früheren Holzhandlung sind 88 Wohnungen und eine Kindertagesstätte in Planung.
Das Gutachten wird in der Sitzung der Bezirksvertretung am 27. Oktober vorgestellt (16.30 Uhr, Jugendhilfe, Schürmannstraße 7). Das gesamte Verkehrsgutachten kann auch hier eingesehen werden.