Essen. . Messerstiche in der Essener Fußgängerzone, tödliche Schüsse in der Nord-City. Jetzt untersuchen Gerichte die mutmaßliche libanesische Familienfehde.

Es sind Szenen wie aus einem Mafiafilm, die sich laut Anklage am Abend des 9. April auf der viel befahrenen Friedrich-Ebert-Straße am Nordrand der Essener City abgespielt haben. Bewusstlos lag das bereits von vier Schüssen getroffene Opfer auf der Straße, da sollen noch zwei weitere Kugeln auf ihn abgefeuert worden sein. Drei Männer müssen sich seit Donnerstag vor dem Essener Landgericht verantworten. Ei­ne Familienfehde unter Libanesen, sagt die Anklage.

Es ist der zweite Teil eines Ausbruchs der Gewalt in der Essener City, den jetzt die Jugendstrafkammer untersucht. Seit September läuft bereits der erste Teil vor dem Schwurgericht. Da hatte, ebenfalls laut Anklage, Belal A. (29) auf der belebten Limbecker Straße seinen Onkel niedergestochen. Abends kam es dann laut Anklage zur Racheaktion innerhalb des Familienclans. Zwei Brüder und der Sohn des Stichopfers sollen in die City gefahren sein, nachdem sie den Schwerverletzten im Krankenhaus besucht hatten.

An der Friedrich-Ebert-Straße sollen sie einen Verwandten des Messerstechers Belal A. gesucht und in einem Lokal gefunden haben. Als der 21-Jährige mit Cocktails in der Hand nach draußen kam, sollen sie sofort geschossen haben. Er lief weg, soll aber zwei Schüsse in den Rücken bekommen haben, so dass er zusammenbrach. An den Folgen der Verletzungen starb er zwei Monate später im Krankenhaus.

Polizei und Staatsanwaltschaft sehen in Mahmoud M. (47), Mohammad M. (36) und Khalid M. (21) die Verantwortlichen. Sie haben das bislang pauschal bestritten und keine näheren Angaben gemacht.

Hinten im Saal sitzen rund 50 Angehörige und Freunde des Todesopfers. Sie trugen Anstecker mit seinem Bild an der Kleidung, mussten die Buttons aber vor dem Saal ablegen. Polizei und Justiz haben große Sicherheitsvorkehrungen getroffen, aber im Saal bleibt es ruhig.

Die Eltern des Toten sitzen als Nebenkläger im Saal. Ihr Anwalt Stephan Bester wehrt sich gegen die Theorie von einer Racheaktion im El-Kadi-Clan. Davon wüssten seine Mandanten nichts. Und: „Sie vertrauen dem deutschen Rechtsstaat.“