Essen. . SPD und CDU wollen am Mittwoch im Rat für die Fortsetzung des Flugbetriebes stimmen. Damit nehmen sie Rücksicht auf die Interessen der Stadt Mülheim.
- SPD und CDU schieben Ausstieg auf die lange Bank
- Flugbetrieb soll auf Sparflamme fortgesetzt werden
- Schutzgemeinschaft spricht von Wahlbetrug
Der vom Rat der Stadt beschlossene schnellstmögliche Ausstieg aus dem Flughafen Essen/Mülheim wird auf die lange Bank geschoben. Allzu eilig hatte es die Stadt damit ohnehin nicht. Der erste Ausstiegsbeschluss datiert von 1990. Nun geht es abermals in eine Warteschleife. SPD und CDU wollen in der Ratssitzung am Mittwoch dafür stimmen, den chronisch defizitären Flugbetrieb fortzuführen – und zwar bis zum Jahr 2024, und das möglichst zu „optimierten Bedingungen“. Zuletzt kostete der Betrieb rund eine halbe Million pro Jahr. Wie es danach 2024 weitergeht, bleibt offen.
Die Mehrheit im Rat schließt sich damit den Gutachtern der Märkischen Revision an. Diese waren zu dem Schluss gekommen, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine gänzliche Einstellung des Flugbetriebes nicht vor 2034 gegeben sind.
Dann läuft der Erbbaurechtsvertrag des Aero-Clubs mit der Stadt Mülheim aus. Die Sportflieger nutzen eine Fläche auf dem südlichen Teil des Flughafenareals. Ihre verbrieften Rechte hatten sie höchstrichterlich durchgesetzt. Zehn Jahre früher endet das Vertragsverhältnis der Nachbarstadt mit der WDL-Gruppe, deren Luftschiff längst zu einem Symbol für den Landeplatz geworden ist. Frühestens dann sehen CDU und SPD die Chance gekommen, das Gelände anderswie zu nutzen. Wie? Die Planungsämter beider Städte sollen dafür einen Masterplan entwerfen.
Die vertraglichen Zwänge, die die Gutachter der Märkischen Revision in ihrer Argumentation anführen, deuten es an: Auf Mülheimer Seite ist das Interesse an der Aufrechterhaltung des Flugbetriebes größer als auf Essener. Gewerbesteuern, so heißt es, fließen ausschließlich in Mülheims Stadtsäckel, während Essen nur drauf zahlt. Auch sähe sich allein die Nachbarstadt möglichen Schadensersatzklagen gegenüber, sollte der Flugbetrieb vor Ablauf der Erbpachtverträge beendet werden.
Möglich wäre dies sehr wohl, wie ein Gutachten der renommierten Kanzlei Lenz und Johlen ausführt. Der Flughafen ließe sich umwidmen in einen Sonderlandeplatz, der Flugbetrieb auf den Aero-Club beschränken. Dessen Rechte blieben gewahrt. Die Märkische Revision lässt das nicht unerwähnt, verweist aber auf Kosten von bis zu 1,5 Millionen Euro für ein notwendiges Planfeststellungsverfahren und spricht vom Risiko der Rückzahlung von Fördermitteln, das sich minimiert, je länger der Flughafen bestehen bleibt.
Es sind aber offenbar nicht die Kosten, die CDU und SPD scheuen. „Wenn es allein um Essen ginge, könnte man schnell aussteigen“, räumt Thomas Rotter, planungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion offen ein. Den Nachbarn will die Ratsmehrheit nicht einfach in die Parade fahren. Jetzt, wo die interkommunale Zusammenarbeit mit der geplanten Fusion der Verkehrsbetriebe beider Städte doch gerade erst Fahrt aufnimmt. „Wir sind auf dem Weg zu mehr Gemeinsamkeit“, meint Uwe Kutzner, Planungsexperte auf Seiten der CDU-Fraktion. Vor dem Essener Rat hat sich der Mülheimer bereits auf eine Fortsetzung des Flugbetriebes bis 2024 festgelegt. Die Grünen wittern Ungemach, fürchten, dass bis 2034 alles so bleibt wie es ist. Auch Waldemar Nowack von der Schutzgemeinschaft Fluglärm Essen-Mülheim ist auf dem Baum. OB Thomas Kufen wirft er Wahlbetrug vor.
Für das Verhältnis zur Schutzgemeinschaft bleibe das nicht ohne Folgen.