Essen. . Eine neue Initiative gibt an Bedürftige für kleines Geld Hunde- und Katzenfutter aus. Private Spenden sind Grundlage für die Essener Tiertafel.

  • Sandra Lachmann , Anja Schmidt und Trixi von der Lippe gründen Tiertafel in nördlicher Innenstadt
  • Privatleute spenden Tierfutter, nicht Supermärkte – Bedarf scheint groß
  • Rentner, Hartz IV- und Bafög-Empfänger müssen entsprechende Bescheinigungen vorweisen

Liebevoll streichelt Rita Bendin ihre alte Schäferhund-Mischlingshündin. Dann erzählt die 45-Jährige: „Ich habe Hexe vor zwölf Jahren als Baby bekommen, könnte sie niemals abgeben.“ Doch für die Hartz-IV-Empfängerin ist es oft auch ein Kraftakt, ihren Hund gut zu versorgen: „Mir bleiben monatlich nur 150 Euro zum Leben. Da muss ich extrem rechnen, damit wir zusammen über die Runden kommen.“ Um Menschen wie Rita Bendin zu helfen, gründeten Sandra Lachmann (44), Anja Schmidt (46) und Trixie von der Lippe (41) vor wenigen Wochen die Essener Tiertafel, die zum kleinen Preis Lebensmittel für Tiere abgibt.

Obwohl die „WiederbrauchBar“ in der I. Weberstraße in der nördlichen Innenstadt derzeit nur einmal pro Monat geöffnet hat (siehe Textende), ist die Tiertafel ein echter Fulltime-Job für das Trio. Anja Schmidt: „Es gibt regelmäßig Sammelstellen in verschiedenen Stadtteilen. Dort kann man alle Spenden abgeben. Aber wir holen viele Gaben auch direkt an der Haustür ab.“

Tiernahrung, ausschließlich private Spenden

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Anders als die klassischen Tafeln für Menschen, hat die Tiertafel keine Supermärkte als Bezugsquelle. Die Tiernahrung kommt ausschließlich über private Spenden ins Haus, abgelaufene Ware ist zudem verpönt. Den Macherinnen ist wichtig, dass die vierbeinigen Lieblinge nur Futter bekommen, dessen Haltbarkeitsdatum noch nicht abgelaufen ist.

Der Bedarf scheint groß zu sein. Schon bevor die Tiertafel ihre Ausgabe offiziell öffnet, stehen bedürftige Tierhalter in einer meterlangen Schlange vor dem orangefarbenen Eckhaus in der Innenstadt. Drinnen stapeln sich Kartons mit Hunde- und Katzenfutter, Körbchen, Kratzbäume, Futternäpfe, Spielbälle und Stofftiere. Dazwischen packen zehn Helferinnen im Minutentakt jede Menge Tüten voll und reichen sie an die wartenden Menschen weiter. Vorher müssen die Rentner, Hartz IV- und Bafög-Empfänger ihre entsprechenden Bescheinigungen vorweisen. Sie zahlen dann nur einen Minimalbetrag von einem Euro (Hunde) oder 50 Cent (Katzen).

Für Gerda Malske (67) sind die Gaben eine riesige Erleichterung. Denn die ehemalige Datentypistin hatte einen Schlaganfall erlitten und muss ihren Mischlingsrüden „Butch“ (9) von einer kleinen Rente ernähren: „Butch half mir nach der schweren Krankheit wieder auf die Beine. Ich hatte ihn zwei Jahre vorher aus einer Tötungsstation geholt und spare mir sein Futter nun vom Mund ab.“

Auch Janine Gring (39), die mit ihrem Schäferhund-Kangal-Rüden „Jackson“ (6) zur Tiertafel kommt, ist dankbar für die Hilfe: „Nach der Trennung von meinem Partner bin ich alleine mit zwei Kindern und zwei Hunden. Wir müssen die nächste Zeit finanziell überbrücken. Aber Jackson und Kira schaffen in drei Wochen locker einen 15-Kilo-Sack Trockenfutter.“

Die meisten Kartons sind leer

Allerlei Leckereien für Katzen nimmt Regina Süß (54) in einer großen Tüte mit nach Hause. Für die gelernte Speditionskauffrau sind ihre vier Samtpfoten besonders wichtig: „Sie geben mir Halt in meiner schwierigen Lebenssituation und sind mein ganzes Glück.“ Süß verlor nach 28 Jahren ihre Arbeit, als die Firma pleite ging. Nun findet sie keinen Job mehr: „Ende des Monats wird das Geld bei mir dann immer sehr knapp.“

Trotz ebenfalls schmaler Kasse steht auch bei Sven Richter (42) das Wohl seiner Australian-Shepherd-Hündin „Nonha“ (5) an erster Stelle: „Ich lebe auf der Straße und bin auf Spenden angewiesen. Aber es ist mir wichtig, dass sie vernünftiges Hundefutter bekommt.“

Fast drei Stunden lang hat die Tiertafel geöffnet. Am Ende sind die meisten Kartons leer, viele Tierhalter glücklich und alle Helfer ganz schön geschafft. Aber Trixie von der Lippe appelliert unermüdlich an hilfsbereite Tierfreunde: „Am 19. Oktober soll die nächste Tafel stattfinden, unser Vorrat ist zum größten Teil verbraucht“. Dringend benötige man auch Dosenfutter für nierenkranke Katzen und Spezialnahrung für Katzenbabys.

Essener Tiertafel öffnet einmal im Monat

Die Essener Tiertafel öffnet derzeit einmal pro Monat – jeweils am dritten Mittwoch. Ihre Mitarbeiter informieren auf der Facebook-Seite „SAT-Tiertafel Essen“ über Abhol-Termine und sonstige Aktivitäten.

Private Spenden können jeden Mittwoch (17 bis 20 Uhr) in der WiederbrauchBar (I.Weberstraße 15) abgegeben werden.