Essen. Ilka Weiß kam als Mann zur Welt, fühlte sich aber anders. Im Huyssensstift wurde sie operativ zur Frau gemacht. Ein Fernsehteam hat sie begleitet.

Wenn aus Männern Frauen werden, wenn es um Transsexualität geht, sind schnell bunte Gedanken im Kopf. Schrille Outfits. Flamboyantes Auftreten. Bei Ilka Weiß, die lange Holger Weiß hieß, ist das anders. Sie ist unauffällig und unaufgeregt in ihrer Art.

Mit ruhiger Stimme und treffenden Worten bringt sie die Dinge auf den Punkt und streut gerne, kokett, überhöhende Ironie ein, um Sachverhalte zu betonen: „Wissen Sie, ich bin ein Spießer. Ich habe ein Reihenhaus, einen Hund und einen Garten“. Und ein neues Geschlecht. Die 53-Jährige kam als Mann nach Essen. Nach einer Operation im Huyssensstift fuhr sie als Frau zurück in ihre Heimat, ins Städtchen Lilienthal bei Bremen. In ihr schönes spießiges Leben, das ein neues Leben mit neuen bunten Gefühlen sein wird.

51 Jahre lang lebte sie als Mann

Ilka Weiß war 51 Jahre lang Holger Weiß. „Ich wurde im falschen Körper geboren. Ich hatte den Körper eines Mannes, die Identität einer Frau und ständige Unruhe in mir“, sagt sie. Die Unruhe wog so schwer, dass Selbstmordgedanken kamen. Wenn die 1,84 Meter große Frau mit den markanten Wangenknochen erzählt, klingt ihre warme Stimme nicht vorwurfsvoll.

Ein Foto aus früheren Tagen von Holger Weiß.
Ein Foto aus früheren Tagen von Holger Weiß. © OH

Nur manchmal wird sie leiser, fallen die Gedanken an die Erinnerungen schwer. Ilka Weiß spürte das Frausein früh, doch es dauerte, bis sie es verstand und es in ihrem Körper lebte und auslebte. „Ich hatte Angst, gesehen, entdeckt und geoutet zu werden.“ Sie trug Frauenkleider im geschützten heimischen Raum, bevor sie das aufklärende Gespräch mit ihrer Frau, mit der sie über 30 Jahre verheiratet war, und ihren zwei Kindern suchte. Ihre Söhne machten ihr Mut, die Ehe ist inzwischen geschieden.

Schließlich öffnete sie sich ihrer Umgebung und dann auch ihrem öffentlichen Leben. Im Beruf. An einem Freitag im Januar 2014 ging sie als Holger Weiß aus dem Krankenhaus, in dem sie arbeitet, und kam montags als Ilka Weiß wieder. Bei der neugierigen Frage, ob sie danach aus Versehen mal auf die falsche Toilette gegangen sei, kommt kurz ein kokettes Schmunzeln. „Kein einziges Mal.“

Operation dauerte viereinhalb Stunden

Per Vornamensänderung und Personenstandsänderung vor Gericht wurde aus dem Mann eine Frau. Im Huyssensstift folgte nun die geschlechtsangleichende Operation bei Prof. Susanne Krege, Direktorin der Urologie, Kinderurologie und Urologischen Onkologie an den Kliniken Essen-Mitte. Sie ist Expertin für die besonderen Eingriffe und hat schon über 1000 geschlechtsangleichende Operationen von Mann zu Frau durchgeführt. Patienten aus ganz Deutschland kommen nach Essen, setzen auf Kreges Erfahrung, Routine und Empathie.

Prof. Susanne Krege (Mitte) bei der viereinhalbstündigen Operation.
Prof. Susanne Krege (Mitte) bei der viereinhalbstündigen Operation. © FUNKE Foto Services

Viereinhalb Stunden dauert der Eingriff, bei dem Schwellkörper, Hoden und Penis entfernt werden und Klitoris, Neovagina und Schamlippen konstruiert und gebildet werden. Eine aufwändige Operation, nach der die Patientin zwei Wochen im Huyssensstift bleiben muss. Dem Eingriff gehen Gespräche mit der operierenden Ärztin und Psychologen sowie eine Therapie mit Testosteron-Blockern und Hormonen voraus. Bei Ilka Weiß wurden Barthaare per Laser entfernt.

Die Brüste sind gewachsen. „In dieser Zeit habe ich mich wie in einer zweiten Pubertät gefühlt. Ich war sehr emotional“, erklärt Ilka Weiß. Als sie zur Operation nach Essen kam, war sie nicht unsicher, aber nervös. Als Glücksbringer hatte sie einen Stoff-Panther dabei. „Frau Professor Krege hat mir in unseren Gesprächen alle Fragen beantwortet und die Ängste genommen“, sagt Ilka Weiß. Ihre Ärztin nickt: „Diese Vorbereitung ist sehr wichtig. Nach der Operation gibt es eine neue Gefühlswelt und ein neues Geschlecht zu entdecken. Der Kopf muss umdenken.“

Bei Ilka Weiß verlief der Eingriff ohne Komplikationen. Sie ist zurück in ihrer Heimat und dort auf Entdeckungsreise. „Ob ich mich in einen Mann oder eine Frau verliebe, das weiß ich nicht“, sagt sie. „Ich freue mich auf das, was kommt. Ich bin glücklich, dass ich sein kann, was ich bin.

TV Dokumentation

Ein Fernsehteam des Formats Fokus-TV hat Ilka Weiß auf ihrem besonderen Weg über mehrere Monate begleitet.

  • Die Sendung dazu wird am Dienstag, 20.September, bei Sat.1 um 23.10 Uhr ausgestrahlt.