Essen. . Für ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge fehlt derzeit die Rechtsgrundlage, erklärte die Essener Umweltdezernentin Simone Raskob.
- Für ein solches Verbot gibt es keine gültigen Verkehrszeichen, sagt die Stadt
- Stickoxid-Grenzwerte werden weiter überschritten, lautet die Prognose
- Essener Politiker fordert „Runden Tisch“ mit Städten und Landesregierung
Die Stadt Essen kann nach der aktuellen Rechtslage keine Fahrverbote für Dieselwagen aussprechen. Das erklärte Umweltdezernentin Simone Raskob im Gespräch mit dieser Zeitung. Wie berichtet, hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die gegen die Stickoxid-Überschreitungen in der Ruhr-Metropole rechtlich vorgeht, als kurzfristige Maßnahme gefordert, Dieselautos nicht mehr in stark belastete Stadtviertel zu lassen. Die DUH empfahl, Durchfahrtverbotszeichen mit dem Zusatzschild „Gilt für Diesel“ aufzustellen.
Prüfung durch die Verwaltung
„Das habe ich von unserer Verwaltung rechtlich prüfen lassen“, berichtete die Beigeordnete. „Die Antwort ist eindeutig: Das geht nicht. Wir können als Stadt nicht einfach irgendwelche Schilder aufstellen. Das muss bundeseinheitlich geregelt werden.“ Die Beigeordnete bezieht sich hier auf das von der DUH vorgeschlagene Zusatzschild „Gilt für Diesel.“ Raskob: „Dafür brauchen wir erst eine Regelung in Berlin“ Bisher seien die gesetzlichen Rahmenbedingungen für ein Diesel-Fahrverbot nicht erfüllt.
Anders ist die Situation auf der stark frequentierten Gladbecker Straße, wo das temporäre Durchfahrtverbot mit einem Zusatzschild für Elektrofahrzeuge aufgehoben wird. „Das ist geregelt“, betont Raskob. Dafür sind in Berlin mit dem Elektromobilitätsgesetz die Voraussetzungen geschaffen worden.
Simone Raskob, die auch gleichzeitig die Vorsitzende des Umweltausschusses des Deutschen Städtetages ist, zeigt sich hinsichtlich weiterer Verbote, Sperrungen und Einschränkungen zurückhaltend. „Irgendwann sind wir am Ende der Fahnenstange.“ Die Stickoxid-Grenzwerte lassen sich nur einhalten, wenn „an der Verursacherquelle etwas gemacht wird“, sagte Raskob. Die Städte können für den Abgasskandal nicht verantwortlich gemacht werden. „Der Bundesgesetzgeber muss den Druck auf die Autohersteller erhöhen, damit die Euro 6-Abgasnorm auch im realen Betrieb und nicht nur auf dem Teststand eingehalten wird.“
Raskob unterstützt den Appell des Städtetagpräsidiums an Brüssel, den Kommunen bei der Bekämpfung der Stickoxid-Überschreitungen eine weitere Frist zu gewähren. „Eine flächendeckende Einhaltung ist bis 2020 - und wohl auch darüber hinaus nicht möglich“, befürchtet sie. Gleichzeitig fordert sie wie das Präsidium des Städtetages von der Bundesregierung, die Privilegierung bei der Dieselbesteuerung zu überprüfen. „In Essen waren vergangenes Jahr mehr als 50 Prozent der neu zugelassenen Fahrzeuge Dieselautos“, gab sie zu bedenken. „Das hat auch etwas mit der niedrigeren Besteuerung und dem Dieselpreis zu tun.“
Runder Tisch gefordert
In Essen hofft die Dezernentin schon bald auf eine Entspannung der Situation an einigen „Brennpunkten“: So werde die seit kurzem zweispurige Führung von der A 40 auf die A 52 zu einer Senkung der Stickoxidbelastung in Frillendorf führen, „weil wir dort nun weniger Staus auf der Autobahn haben“, sagte Raskob. Noch vor zwei Jahren wurden an der A 40-Messstelle die höchsten Stickoxid-Werte festgestellt. Auch das beschlossene Verkehrskonzept in Werden werde zu besserer Luft „in den besonders engen Straßenschluchten“ rund um die Brückstraße führen – dort sind die NO2-Werte derzeit zu hoch. Ausdrücklich lobt die Beigeordnete die von der Evag angestoßene Initiative, die Busflotte auf abgasfreien Elektroantrieb umzurüsten. Am 27. September entscheidet die Evag-Geschäftsführung über die Erstellung einer Machbarkeitsstudie, die im dritten Quartal 2017 fertig sein soll.
Die Vorsitzenden des Bau- und Verkehrsausschusses und des Umweltausschusses, Rolf Fliß (Grüne) und Hans-Peter Huch (CDU), drängen beim Vorgehen gegen die dicke Luft auf ein „abgestimmtes Verfahren“ in der Ruhr-Region. Fliß schlug einen runden Tisch mit den Umweltdezernenten von Essen und den Nachbarstädten unter Moderation der Landesregierung vor. „Dazu müssen die Minister Groschek und Remmel einladen“, sagte er. „Land und Bund dürfen die Kommunen jetzt nicht allein lassen.“ Hans-Peter Huch hat mit der Stadtverwaltung vereinbart, dass der städtische Umweltausschuss in jeder Sitzung über die aktuelle Situation informiert wird. „Wir müssen auf dem Laufenden bleiben, damit wir von der politischen Seite sagen können, welche Vorkehrungen zu treffen sind.“