Essen.. Stadtweit verzeichnen die Bibliotheken 20% weniger Ausleihen seit 2011, in einigen Stadtteilen sind es minus 50%. Es gibt Ideen für eine Wende.

Mit erweiterten Öffnungszeiten und dem Erlass der Jahresgebühr für Kinder und Jugendliche wollen die Stadtbüchereien den Leser-Schwund stoppen. Die Zahl der Ausleihen ist in den letzten fünf Jahren um insgesamt knapp 20 Prozent gesunken. Das betrifft sowohl die Zentralbücherei an der Hollestraße als auch die Stadtteilbibliotheken. In einigen Quartieren sank die Quote sogar um knapp 50 Prozent. Das dokumentiert ein Jahresbericht, den Stadtbibliotheks-Direktor Klaus-Peter Böttger vorgelegt hat.

So sank die Zahl der jährlichen Ausleihen zwischen Karnap und Kettwig von mehr als vier Millionen im Jahr 2011 auf 3,3 Millionen in 2015. Zuwächse verzeichneten einzelne Stadtteilbibliotheken nur dann, wenn man nicht die letzten fünf, sondern zehn Jahre zugrundelegt: In diesem Zeitraum machten die Häuser in Borbeck, Kettwig und Stadtwald ein Plus von rund 30 Prozent. Dort sind es oft engagierte Fördervereine, die den Bestand aufpeppen können und zu Veranstaltungen einladen, die Geld in die Kasse bringen.

Stadtteilbibliotheken: „nicht bedarfsgerechte Öffnungszeiten“:

Das Herunterladen von elektronischen Büchern („e-Books“) verzeichnet seit der Einführung zwar jährliche Zuwachsraten von 30 Prozent in der Bibliothek, was aber den Schwund nicht wettmachen kann. Vor allem der Bereich der Sachbücher bleibt ohne Ausgleich durch ein Plus bei den digitalen Medien. Im letzten Jahr zählte die Bibliothek knapp 80 000 Downloads von so genannten „e-Books“.

Als Grund für die negative Entwicklung nennt Böttger vor allem einen seit Jahren „konstanten Etat“, was tatsächlich ein Minus bedeute. Während die Medienvielfalt zunehme, habe die Bibliothek nicht die Möglichkeit, entsprechend in zeitgemäße Literatur, auch elektronische, zu investieren. Zudem werden auch klassische Bücher in der Anschaffung eher teurer.

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Ein weiteres Problem seien „nicht bedarfsgerechte Öffnungszeiten“: Stadtteilbibliotheken schließen an vielen Tagen schon um 16.30 Uhr. „Das ist dann, wenn die Kinder aus den Ganztagsschulen kommen, wie sollen die dann die Bibliotheken kennenlernen“, fragt sich Böttger. Weitere Hindernisse: Veraltete Räume, oft nicht barrierefrei, und wenig ansprechendes Interieur. So stammen die Regale der Stadtteilbücherei Kray tatsächlich aus dem Jahr ihrer Eröffnung – 1958. Das mag mancher als anheimelnd empfinden, die Ausleihzahlen sind aber die zweitschlechtesten in Essen.

Jahresgebühr für Kinder und Jugendliche soll wegfallen

Für die Standorte Katernberg, Stoppenberg und Kray regt Böttger „neue Konzepte“ oder Verlegungen an: „Ein Bücherbus, der einmal pro Woche auf dem Marktplatz steht, erreicht sicher mehr Bürger als eine Bücherei, die weg vom Geschehen an zwei oder drei Tagen in der Woche öffnet.“

Außerdem soll die Jahresgebühr von acht Euro für Kinder und Jugendliche wegfallen. „Das ist immer noch für viele Familien eine Hemmschwelle.“ Der Wegfall der Einnahmen müsste kompensiert werden durch eine höhere Jahresgebühr für Erwachsene. Sie zahlen bislang 20 Euro. Wann die Politik über die Ideen entscheidet, ist offen. Die Grünen haben bereits Wohlwollen signalisiert: Die Ideen seien „erfreulich“, hieß es zuletzt.