Essen. . In Essen gibt's wegen der Flüchtlinge keinen Supermarkt mehr ohne Wachleute? Faktencheck in Essener Supermärkten nach „Hart aber Fair“-These von AfD-Politiker Guido Reil: Aldi-Nord verzichtet auf Sicherheitskräfte, andere setzen Security „in Einzelfällen ein“.
- Faktencheck in Supermärkten nach „Hart aber Fair“-These
- Aldi-Nord verzichtet in seinen Essener Filialen völlig auf Sicherheitskräfte
- Andere Discounter setzen Security in Einzelfällen ein – aber nicht wegen der Flüchtlingswelle
Kein Supermarkt mehr in Essen ohne Wachpersonal an der Eingangstür – unter Hinweis auf den Zustrom von Flüchtlingen wartete der Karnaper AfD-Politiker Guido Reil neulich mit dieser steilen These beim Polit-Talk „Hart aber fair“ auf. Damit sorgte der Populist zwar für Furore. Nur: Recht hat er nicht. Eine Umfrage dieser Zeitung bei führenden Lebensmittel-Ketten, Discountern und Sicherheitsdiensten in Essen widerlegt seine Aussagen (zum Artikel über die Situation in den Essener Stadtteilen). Festzuhalten bleibt: Sicherheitspersonal ist die Ausnahme, nicht die Regel. Darüber hinaus wird ein Zusammenhang mit dem Flüchtlingsstrom heftig bestritten.
Penny: kein Anstieg von Straftaten festgestellt
Aldi-Nord, einer der führenden Discounter im Land, reagiert prompt. Eine Sprecherin stellt unmissverständlich klar: „Aldi Nord setzt in seinen Essener Filialen kein Sicherheitspersonal ein.“
Penny betreibt in Essen 17 Verkaufsstellen. „Deutschlandweit wird Sicherheitspersonal nur zu einem kleinen Prozentsatz in einem rollierenden System eingesetzt“, sagt Sprecher Andreas Krämer. Der Sicherheitsmann an der Tür habe zuallererst eine vorbeugende Funktion. „Kunden und Mitarbeiter sollen vor Straftaten geschützt werden, wir wollen Präsenz zeigen und für Ladendiebe schwerer auszurechnen sein.“ Weiter betont der Sprecher: „Mit dem Zustrom von Flüchtlingen hat das nichts zu tun, in den letzten zwölf Monaten haben wir keinen Anstieg von Straftaten feststellen können.“
Rewe hat 35 Supermärkte in Essen. Ein Sprecher in der Kölner Zentrale räumt zwar ein, in bestimmten Märkten Türsteher einzusetzen, betont aber, dass es nichts mit einer bestimmten Personengruppe zu tun habe. Detaillierte Angaben zu Filialen mit Security macht der Konzern nicht.
Guido Reil bezieht sich auf eine Netto- und eine Penny-Filiale
Auf Nachfrage nennt Guido Reil Supermärkte und Discounter, in denen er Wachleute gesehen haben will. „Bei Netto in Katernberg sowie bei Penny und Netto auf der Altenessener Straße.“
Nach Netto-Angaben gibt es 30 Filialen in Essen. Die Leiterin der Unternehmenskommunikation stellt klar: „In einigen Einzelfällen setzen wir Sicherheitskräfte in den Filialen ein, um die Sicherheit von Mitarbeitern und Kunden optimal zu gewährleisten.“
Wenn es um ihre Sicherheitskonzepte geht, lassen sich die Lebensmittelketten – der Abschreckung von Ladendieben wegen – nur ungern in die Karten schauen. Außerdem fürchten sie Imageprobleme. Der Kunde könnte sein Geschäft und das ganze Viertel für problematisch halten, wenn ein Sicherheitsmann an der Tür stehe, sagt der Inhaber eines Supermarktes.
Lidl beauftragt in Essener Märkten Sicherheitsfirmen
Zugeknöpft gibt sich auch Lidl. Eine Sprecherin: „Um die Sicherheit unserer Kunden und Mitarbeiter zu gewährleisten, haben wir bundesweit an ausgewählten Standorten – so auch bei Lidl in Essen – für einen begrenzten Zeitraum ein Sicherheitsunternehmen beauftragt.“
Der zur Kötter Unternehmensgruppe in Essen gehörende Westdeutsche Wach- und Schutzdienst weist unterdessen einen Zusammenhang von Wachpersonal in Supermärkten und der Flüchtlingswelle kategorisch zurück. „Deutschland gehört nach wie vor zu den sichersten Ländern der Welt und ist durch die Flüchtlingsströme nicht unsicherer geworden.“ Bei den Sicherheitsleistungen für Supermärkte stelle Kötter „ebenfalls ausdrücklich keine signifikanten Veränderung fest“.