Essen. . Der Rohbau des Schutzhauses für die Jüngsten unter den Opfern von Misshandlung und Verwahrlosung ist abgeschlossen. Leser spendeten 300 000 Euro.
- Im Dezember, so der Essener Kinderschutzbund, ist das Schutzhaus in Borbeck fertig gestellt
- Ab Anfang des kommenden Jahres sollen dort die ersten Kinder in Not betreut werden
- 48 Kinder landeten in den ersten sechs Monaten des Jahres im bereits bestehenden „Spatzennest“
Das Dach ist drauf, die Fenster sind drin: Die neue Notaufnahme des Kinderschutzbundes an der Zweigstraße nimmt sichtbar Gestalt an. Jetzt beginnt der Innenausbau, sanitäre Anlagen und die Elektrik werden installiert. Im Dezember, so hofft Ulrich Spie, Vorsitzender des Essener Kinderschutzbundes, ist das Schutzhaus in Borbeck fertig gestellt. Anfang des kommenden Jahres sollen dort die ersten Kinder betreut werden.
Eine in der Bundesrepublik einmalige Einrichtung
Dass der Kinderschutzbund diese in der Bundesrepublik einmalige 1,6 Millionen Euro teure Einrichtung für die Jüngsten unter den Opfern von Misshandlung und Verwahrlosung schaffen konnte, ist nicht zuletzt der großartigen Spendenbereitschaft der Leserinnen und Leser dieser Zeitung zu verdanken. Bei der NRZ-Aktion zur Unterstützung des dringend notwendigen Neubaus kamen bislang 300 000 Euro zusammen. 142 Fassadensteine mit Namen und persönlichen Botschaften an die Kinder des Hauses warten nun darauf, vermauert zu werden. „Es wäre schön, wenn es 200 werden“, hofft Ulrich Spie. Die NRZ-Spendenaktion läuft weiter (siehe Info-Kästen), um kleinen Kindern wie Cindy ein Leben in Leid zu ersparen.
Das Mädchen war knapp zwei Jahre alt, als Mitarbeiter des städtischen Jugendamts es in das „Spatzennest“ des Kinderschutzbundes, das bekanntlich aus allen Nähten platzt, in Altenessen brachten. Warum das Kind erschreckende Entwicklungsdefizite hatte, fanden die Kinderschützer schnell heraus: Die Mutter stellte die Kleine mit Medikamenten ruhig, die sie ihr in einem Babyfläschchen verabreichte. Nur so konnte die Frau sichergehen, dass das Schreien des Kindes die Freier nicht störte, wenn sie sich mal wieder in ihrer winzigen Wohnung prostituierte.
Es sind unendlich traurige Schicksale, die den Essener Kinderschützern immer wieder bekannt werden. Die Opfer werden zusehends jünger, das Ausmaß der Gewalt, die ihnen angetan wird, hat schreckliche Züge angenommen.
Bereits 48 Kinder landeten allein in den ersten sechs Monaten des aktuellen Jahres im bereits bestehenden „Spatzennest“. Sie waren zwischen drei und sechs Jahre jung. 122 Anfragen zur Unterbringung musste der Kinderschutzbund aus Platzgründen ablehnen – aber auch, weil die Einrichtung Kinder unter zwei Jahren gar nicht erst aufnehmen darf. Sechs Säuglinge waren darunter, die anderweitig untergebracht werden mussten, und 14 Kleinkinder im Alter bis zu 24 Monaten, die allesamt Opfer von körperlicher Gewalt oder aus verwahrlosten Wohnungen gerettet wurden, weil ihre Eltern überfordert oder psychisch krank waren.
„Dramatisch ist die Tendenz, dass sich die Gewalt gegen immer jüngere Kinder auch im Säuglingsalter richtet, die dieser schutzlos ausgeliefert sind“, sagt Ulrich Spie. In der neuen Notaufnahme „Kleine Spatzen“ werden die Allerkleinsten bald Schutz und Zuflucht finden – und eine Betreuung, die auf ihre speziellen Bedürfnisse abgestimmt ist.
So spenden Leser für das neue Spatzennest
Die neue Kindernotaufnahme „Kleine Spatzen“ soll Ende des Jahres fertig sein und im Januar ihren Betrieb aufnehmen. Um die Pläne zu realisieren, benötigt der Kinderschutzbund auch weiterhin Unterstützer.
Spendenüberweisungen unter dem Stichwort „Kleine Spatzen“ sind möglich auf folgende Konten des Kinderschutzbundes:
Nationalbank AG, IBAN: DE54 3602 0030 0000 1141 11, BIC: NBAGDE3E
Sparkasse Essen, IBAN: DE70 3605 0105 0000 2907 00, BIC: SPESDE3E
Der Kinderschutzbund stellt Spendenquittungen aus.
Nähere Informationen zu der Spendenaktion und dem Bauvorhaben geben Rilana Decker vom Kinderschutzbund unter 49 55 07 55 und NRZ-Redakteur Jörg Maibaum unter 804 26 52.
Was es mit Spendersteinen und Spenderbuch auf sich hat
Für die Unterstützer des neuen Spatzennests hat sich der Kinderschutzbund etwas einfallen lassen: Wer 1000 Euro oder mehr für die rund 1,6 Millionen Euro teure Notaufnahme an der Zweigstraße spendet, wird mit seinem Namen auf einem von bis zu 200 Steinen in der Außenfassade verewigt.
Wer nicht so viel Geld erübrigen kann, soll aber auch nicht leer ausgehen, so Essens DKSB-Vorsitzender Ulrich Spie: „Wir wollen jeden Euro wertschätzen.“ Über die Namenssteine hinaus plant der Kinderschutzbund deshalb ein Buch mit den Namen aller Spendern, das einen Ehrenplatz im Gebäude bekommt.
Jeder Unterstützer erhält einen Dankesbrief samt einer Spendenbescheinigung und einem Fragebogen, auf dem er ankreuzen kann, ob er einen Eintrag ins Spenderbuch wünscht oder seinen Namen auf einem der Fassadensteine wiederfinden möchte.