Essen. . Der „Kiepenkerl“ von Patron Thomas Stolle ist aufwändig renoviert worden. Zu seinen Stärken zählen die regionale Küche, das Team und treue Kunden.
Aus dem sonnig-warmen Florida ins winterlich-graue Essen: Vor fast 30 Jahren, am 24. Februar 1987, hat Thomas Stolle die Traditionsrestaurant „Kiepenkerl zu Essen“ im Schatten des Handelshofs übernommen. Kurz vor dem 30-jährigen Jubiläum präsentiert sich sein runderneuerter Gastronomiebetrieb in völlig neuem Ambiente: moderner, offener, trendiger – und so unverwüstlich wie sein Patron.
„Wir haben für den Umbau viel Geld in die Hand genommen“, berichtet der Koch und Betriebswirt nicht ohne Stolz. Was dem Restaurant-Gast gleich beim Betreten des Souterrains angenehm auffällt: Endlich ist der wuchtige, rustikale Thekenkoloss verschwunden. Und damit auch die strikte Trennung zwischen dem gemütlichen Speiselokal und der urigen Schankwirtschaft. Der Übergang von der neuen trendigen Lounge-Bar zum modernen Restaurantbereich wirkt jetzt fließend. Dort beherrschen warme Holztöne sowie mal Gold, mal Creme an den Wänden und Anthrazit unter der Decke das Bild. Auffallend: die zehn Meter lange, kaffeebraune Sitzbank und die effektvolle Lichtinstallation unter der Decke.
Nach bald drei Jahrzehnten an ein- und demselben Standort war es höchste Zeit für diesen gründlichen Tapetenwechsel. In der City drängt sich die Systemgastronomie neuerdings mit hochwertigen Lokalen in den Vordergrund, hinzu kommt seit jeher die geballte Restaurantmacht auf der Rü. In dieser Gemengelage behauptet sich Stolles inhabergeführter Betrieb mit seinem Mix aus Bodenständigkeit, Regionalität und ausgefallener Kochkunst. „Meine Küche setzt auf Klassiker mit Pep und auf moderne Gerichte“, betont der 59-Jährige. Hier die saftige Rinderroulade und das Stielmusgemüse, dort das Flanksteak, die Steinbeißer-Filets und die Roten argentinische Garnelen aus Wildfang. Zur regionalen Küche gehörten selbstverständlichen auch regionale Produkte. In der Spargelzeit hole er sich das weiße Gold nicht aus Schwetzingen, sondern vom Bauer aus Kirchhellen.
Öfters geht Thomas Stolle das Wort „Treue“ über die Lippen. Seine bald 20-köpfige Crew (darunter drei Köche) nennt er hochmotiviert und die Fluktuation sei gering. Treu sei auch das innerstädtische Stammpublikum, das das gute Preis-Leistungsverhältnis zu schätzen weiß.
Vieles hat Thomas Stolle in sechs Wochen Umbauzeit umgekrempelt. Unantastbar bleibt allerdings der altbacken klingende münsterländische Name Kiepenkerl. „Als ich das angesehene Lokal 1987 übernahm, hieß es schon so.“
Als der 29-Jährige in Essen den Sprung in die Selbstständigkeit riskierte, blickte er auf eine grundsolide Ausbildung zurück. Drei Jahre lang hatte er die Kochkunst im Sterne-Restaurant Hansestuben des Kölner Excelsior-Hotels Ernst erlernt. Es folgten Wanderjahre auf den Malediven und in den Vereinigten Staaten. „Ich hatte damals vor auszuwandern, bin dann aber wieder ins Ruhrgebiet zurückgekommen.“ Aus seinen westfälischen Wurzeln und der Heimatliebe zum „Kohlenpott“ macht der gebürtige Gladbecker kein Hehl. „Ich trinke lieber Bier als Wein“, sagt er. Und weist nebenbei daraufhin, dass er jetzt auch am Zapfhahn neuerdings auf regionale Zulieferer setzt. „Wir sind hier in Essen, und deshalb gibt’s bei uns Stauder vom Fass.“ Weil er auch privat gerne Stauder trinke, sei ihm diese Wahl nicht schwergefallen.
So mancher in seinem Alter denkt an Altersteilzeit und Frühverrentung. Thomas Stolle hingegen will im neuen Kiepenkerl noch mal richtig loslegen. „Morgen früh stehe ich wieder am Herd“, sagt er. Und lacht.