Essen.. Genossen stellen die Prioritäten der Stadtverwaltung in Frage. Und Essens Bürger Bündnis sieht „irrsinnige Geldverschwendung“ noch nicht abgewendet.
So schnell ändern sich die Zeiten in der Politik: Mitte Juli war’s, da warnte Udo Bayer vom Essener Bürger Bündnis vor massiven Überkapazitäten in Essens Asylheimen – und stand mit seinem Appell fast allein auf weiter Flur. Sechs Wochen später blasen nun auch die Spötter von gestern und selbst die Stadtverwaltung zum Rückzug von den ehrgeizigen Bau-Plänen. Wie’s scheint, ist man sich jedoch nicht recht einig, wie schnell dies erfolgen soll – und wo.
Vor allem die Sozialdemokraten finden die Auswahl jener Standorte, die in einem ersten Schritt auf Eis gelegt werden sollen, „nicht gelungen“, wie Karlheinz Endruschat es am Dienstag formulierte. Der Fraktionsvize und Wortführer der Genossen im Norden beklagt, dass die Stadtverwaltung mit ersten Adressen vorpreschte, ohne diese zuvor im nichtöffentlichen Asyl-Arbeitskreis der Ratsfraktionen diskutiert zu haben. Das provoziere Zeitdruck – und genau jene öffentliche Debatte, „die wir nicht haben wollten“, sagt Endruschat, der sich nun nicht treiben lassen will: „Wenn wir das Paket aufschnüren, dann aber auch richtig.“
Netto-Verzicht liegt bei 490 Neubau-Plätzen
Seine Kritik entzündet sich daran, dass die Stadt „alle wesentlichen Standorte im Süden kippt – und die im Norden baut: Damit fahren wir die mühsam erzielte Akzeptanz gegen die Wand.“
Dass auch Nord-Standorte wie die einst geplanten Heime am Handwerkerpark und an der Rotthauser Straße entfallen, lässt Endruschat nicht gelten: „Die waren doch vorher schon mausetot.“
Zumindest in dieser Hinsicht pflichtet ihm Udo Bayer vom EBB bei: Drei der gestern „begrabenen“ Standorte seien in der letzten Asyl-Übersicht allenfalls noch erwähnt, nicht aber zahlenmäßig berücksichtigt worden. Und da drei Behelfsunterkünfte in Schulen sowie die aufzugebenden Hotelkontingente ja durch ein Stadt-Asyl im Opti-Gewerbepark ersetzt werden sollen, liege der Netto-Verzicht gerade mal bei 490 Neubau-Plätzen.
"1000 Plätze netto" sollen unterm Strich entfallen
„Viel zu wenig“, winkt Bayer ab: „Was bisher vorliegt, ist doch allenfalls ein Kurskorrektürchen.“ Jetzt aber müsse die Stadt „die Türe weit aufmachen, um ihre Fehlplanung und die damit verbundene Gefahr massiver Fehlinvestitionen und irrsinniger Geldverschwendung zu verhindern“. Das, so glaubt der Frontmann des Essener Bürger Bündnisses, geht nur mit einem rigorosen Schritt: einem sofortigen Vergabestopp für alle noch nicht begonnenen Asyl-Neubauten, „sonst drohen Überkapazitäten von tausenden Plätzen schon zum Jahresende.“
Ganz so weit mögen Endruschat und seine SPD nicht gehen, aber „mindestens 1000 Plätze netto“ müssten unterm Strich entfallen, glaubt der 65-Jährige, der am liebsten den Standort Erbslöhstraße in Altenessen von der Liste streichen würde. Allein, das Gelände, auf dem die Flüchtlingszelte demnächst durch Einfachbauten ersetzt werden sollen, ist im Verfahren offenbar schon zu weit fortgeschritten. Auch deshalb wurde sich die Rats-„GroKo“ von SPD und CDU am Dienstag noch nicht handelseinig.
Fortsetzung folgt – am Mittwoch im Rat.