Düsseldorf. Petra Hinz (SPD) will ihr Bundestagsmandat bei einem Notar zum 31. August niederlegen. Dies erklärte die 54-Jährige gegenüber Zeitungen.

  • Ihre Bezüge für den Monat August will Hinz Zeitungsberichten zufolge spenden
  • Ministerpräsidentin Kraft zeigte sich zuvor verärgert über Hinz
  • Kraft verteidigte NRW-Justizminister Thomas Kutschaty und wies Vorwürfe zurück

Die wegen ihrer "Lebenslauf-Lüge" in die Kritik geratene SPD-Bundestagsabgeordnete Petra Hinz will ihr Mandat Ende des Monats abgeben. "Ich lege nach Rücksprache mit den Ärzten mein Bundestagsmandat bei einem Notar zum 31. August nieder", sagte die Politikerin den Zeitungen "Westdeutsche Zeitung", "Solinger Tageblatt", "Remscheider Generalanzeiger", "Aachener Zeitung" und "Aachener Nachrichten".

Ihre Bezüge für den Monat August wolle Hinz spenden, heißt es in einer Vorabmeldung der Zeitungen. Die 54-Jährige hat entgegen ihren bisherigen Angaben weder Abitur gemacht noch Jura studiert.

Kraft verärgert über Hinz

Zuvor hatte sich NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) in der „Lebenslügen-Affäre“ verärgert über Petra Hinz gezeigt. „Wie viele andere kann ich nicht verstehen, dass sie in der Lage ist, Interviews zu geben, aber es bisher nicht schafft, wie angekündigt ihr Bundestagsmandat niederzulegen“, sagte Kraft unserer Redaktion.

Hinz sei eine engagierte Bundestagsabgeordnete für ihren Wahlkreis gewesen, habe aber einen schweren Fehler gemacht, so Kraft, die sich erstmals öffentlich zum Fall Hinz äußerte. „Es wäre umso wichtiger gewesen, schnell und sauber damit umzugehen. Die Konsequenz konnte nur lauten: Sofortige Rückgabe aller Parteiämter und auch des Bundestagsmandats“, sagte Kraft weiter. Das habe sie Hinz „in einem ruhigen, persönlichen Telefonat“ auch so gesagt.

Hannelore Kraft weist Vorwürfe zurück

Vorwürfe von Hinz gegen NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) wies die Ministerpräsidentin zurück: „Thomas Kutschaty hat als SPD-Unterbezirksvorsitzender von Essen das Notwendige gesagt und getan. Die Vorwürfe von Petra Hinz an ihn sind für mich nicht plausibel.“

Hinz hatte Kutschaty eine Kampagne und den Bruch von Absprachen bezüglich ihres Rückzugs aus dem Bundestag vorgeworfen. Auch Kraft habe sich zwar bei ihr gemeldet, jedoch keine Hilfe angeboten. Es gehe bloß darum, sie vor den Landtagswahlen „so schnell wie möglich von der Bildfläche verschwinden zu lassen“, hatte Hinz erklärt. Parteichef Sigmar Gabriel habe sich dagegen um einen menschlichen Umgang mit ihr bemüht.

Hinz wollte zum persönlichen Termin bei Bundestagspräsident

Die 54-Jährige, die seit 2005 im Bundestag sitzt, hatte Mitte Juli einräumen müssen, Abitur und zwei juristische Staatsexamen erfunden zu haben. Seither war sie abgetaucht und hatte sich überraschend am Mittwoch erstmals in der „Westdeutschen Zeitung“ aus Düsseldorf geäußert. Den Reporter empfing Hinz offenbar eine halbe Autostunde von der Klinik entfernt, in der sie sich behandeln lässt.

Hinz hatte in diesem Interview noch darauf beharrt, ihr mit fast 14.000 Euro monatlich dotiertes Bundestagsmandat erst niederzulegen, wenn die Ärzte sie für einen persönlichen Termin bei Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) gesundschreiben. Das will sie auch so mit Kutschaty besprochen haben, was dieser energisch bestreitet. „Ich werde dieses Mandat, was mir sehr viel bedeutet, nicht einfach bei einem Notar niederlegen, sondern ich werde behutsam und respektvoll damit umgehen“, lautet Hinz’ Begründung. Der unter Druck geratene Kutschaty, der öffentlich per Ultimatum von Hinz die Niederlegung des Bundestagsmandats binnen 48 Stunden forderte, habe "sein eigenes Spiel gespielt".

Hinz: „Ich habe es niemandem erzählt“

Mitwisser bei der Lebenslüge gab es angeblich keine. „Ich habe es niemandem erzählt“, versicherte Hinz. Wenn sie höre, wer alles von der erfundenen Juristin gewusst haben will, frage sie sich, „warum wollten diese Menschen mich als Kandidatin“. Das dürfte insbesondere Kutschaty erleichtern, der sich seit Wochen gegen den Verdacht wehren muss, die geschönte Biografie der vermeintlichen Juristen-Kollegin in jahrelanger gemeinsamer lokalpolitischer Arbeit doch mitbekommen zu haben.

Eine nachvollziehbare Antwort auf die entscheidende Frage, warum sie sich überhaupt Abitur und Jura-Examen ausgedacht hat, blieb die gestrauchelte Bundestagsabgeordnete schuldig: „Ich kann das nicht mehr nachvollziehen. Die Lüge war da, aber gleichzeitig so weit weg“, sagte Hinz. (mit dpa)