Essen. . Christof Arnold lud am Samstag Passanten zu spontanen Umarmungen ein. „Free Hugs“ ist eine Idee aus Neuseeland und löst erstaunliche Begegnungen aus.
- Christof Arnold lud am Samstag Passanten zu spontanen Umarmungen ein
- „Free Hugs“ ist eine Idee aus Neuseeland, die mittlerweile auch in Essen angekommen ist
- Sie löste in der Fußgängerzone erstaunliche Begegnungen aus
Von dem Amoklauf in einem Münchener Einkaufszentrum mit zehn Toten ließ sich Christof Arnold am Tag danach nicht abhalten. Auf dem Limbecker Platz in Essen lud der 58-jährige Heilpraktiker aus Kupferdreh am Samstag zu „Free Hugs“, also zu kostenlosen Umarmungen ein. Mit erstaunlichem Erfolg: Mitten im Einkaufsgetümmel schuf er ebenso berührende wie bewegende Momente.
„Free Hugs“ – die Idee stammt aus Neuseeland und schaffte es per You-Tube über den Pazifik bis ins Ruhrgebiet: Man stellt sich mit einem Pappschild auf einen belebten Platz und lädt zu spontanen Umarmungen ein. Mehr eigentlich nicht. Doch was dieser Körperkontakt auslöst, macht die Aktion unberechenbar und damit spannend.
Christof Arnold, der früher schon als Clown „Chrio“ in Einkaufsstraßen auftrat, brachte zu seiner dreistündigen Aktion in der Innenstadt zwei Dutzend knallgelbe Luftballons mit Smiley-Gesichtern mit, „für die Kinder, die keine Umarmung wollen“. Wer ihm näher kam – und dabei halfen die Luftballons – konnte die Aufdrucke auf seinem schwarzen T-Shirt lesen: Ob auf Spanisch, Lettisch oder Holländisch – Christof Arnold bot „Umarmungen“ an.
Sie sagte „danke. Mehr nicht“ und verschwand
Schon nach wenigen Minuten hatte er ein Erlebnis, das ihn selbst tief durchschnaufen ließ und eigentlich für den Tag gereicht hätte: Aus der anonymen Menge der Passanten eilte plötzlich eine junge Frau auf ihn zu, umschlang ihn und drückte ihren Kopf an seine Schulter. So war kaum zu sehen, wie sehr sie weinte. Gefühlt minutenlang verharrten die beiden, bis die Frau urplötzlich wieder in der Menge verschwand. „Da muss ich tief durchatmen“, gestand der Aktionskünstler beeindruckt. Und was hat sie gesagt? „,Danke’, mehr nicht.“
Nicht alle Umarmungen gehen einem so an die Nieren wie diese. Doch auch Pia Dirkes (25), Angestellte ihm nahen Kaufhaus, sieht in der Umarmung mehr als nur einen Spaß, sondern weist auf den ernsten Hintergrund hin: „Wir haben uns im Kollegenkreis nach dem Amoklauf auch Gedanken gemacht, aber man darf sich nicht zu viel beeinflussen lassen.“
Die achtjährige Sophie aus Ennepetal, mit ihren Eltern unterwegs, geht hingegen ganz unbefangen auf den großen Mann zu. Sie freut sich über den Luftballon. Und die Umarmung? „Wir machen oft Urlaub in Holland, da umarmt man sich auch“, lacht sie.
Ganz so einfach ergeht es Hendrik Parizonius aus Katernberg nicht. Der ehemalige Steiger auf der Zeche Zollverein entstammt mit seinen 80 Jahren einer völlig anderen Generation. „Früher habe ich mich nicht umarmen lassen“, gesteht er. Erst ein serbischer Nachbar hätte ihm näher kommen dürfen. Seitdem hat er kein Problem mit „Free Hugs“.