Essen. Ein Unbekannter füttert die unerwünschten Kanadagänse im Univiertel. Anwohner haben dem Essener Ordnungsamt 21 „Vergehen“ gemeldet und den Mann angezeigt. Warum das Füttern trotzdem weiter geht.
Christian Schrempf wohnt seit zwei Jahren im schicken Universitätsviertel, dem Vorzeigequartier am Berliner Platz, das jüngst einmal für wenig erfreuliche Schlagzeilen sorgte. Schuld daran waren die zahlreichen Kanadagänse, die sich in Essens „Grüner Mitte“ mit seinen künstlichen Wasserbecken und kurz geschnittenen Rasenflächen augenscheinlich ausgesprochen wohl fühlen – und diese vollkoten. Christian Schrempf kann dazu nach eigener Beobachtung eine Geschichte beitragen, die die Frage aufwirft, wie ernst es der Stadt eigentlich damit ist, der Gänseplage Herr zu werden.
Seit gut einem Jahr beobachten Christian Schrempf und seine Nachbarn regelmäßig einen Mann, der die Tiere im Uni-Viertel füttert. Mästen wäre wohl das treffendere Wort. Denn Kanadagänse, Enten und Tauben werden von dem Herrn nicht nur mit einer Hand voll Brotkrumen bedacht. Auf einem Foto, das Schrempf von einer solchen großzügigen Speisung geschossen hat, ist deutlich zu sehen, dass der Mann einen Sack voll Futtermittel auf einer Art Einkaufstrolley mit sich führt. Er habe den Mann angesprochen, er möge das Füttern doch bitte unterlassen. Ohne Erfolg. Schließlich zeigte Schrempf den ihm Unbekannten an. Das war im August 2015.
Stadt reinigt mehrmals pro Woche
Seitdem hat der Diplom-Kaufmann in mehreren Schreiben an das städtische Ordnungsamt aufgeführt, wann sich das Schauspiel wiederholt hat. 21 Vergehen hat er gemeldet. Den Protokollen ist zu entnehmen, dass der „Vogelfreund“ morgens zwischen 7.30 und 8 Uhr auftaucht, so dass es für eine Streife des Ordnungsamtes ein Leichtes wäre, ihn dort anzutreffen. Pünktlich watscheln aber nur Gänse und andere Wasservögel heran. Die seien längst so konditioniert, dass sie den Gönner bereits erwarten.
Dass die Zahl der Kanadagänse auf inzwischen etwa 40 Tiere angewachsen sei, wundert Christian Schrempf nicht. Immerhin würden Wege und Rasenflächen jetzt mehrmals pro Woche gereinigt. Dass seine Anzeige bislang offenbar folgenlos blieb, wundert ihn dann aber doch sehr.
"Neuerdings kommt er sogar zwei Mal am Tag"
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Bei der Stadt ist der Fall aktenkundig. Das Füttern der Gänse sei nicht erwünscht, aber nicht verboten, betont eine Sprecherin. „Wir können da nur appellieren.“ Eine ordnungsbehördliche Verordnung, die das Füttern verbietet, sei noch in Arbeit. Untätig seien die Behörden aber nicht gewesen. Weil der Herr auch Tauben füttert, was im Gegensatz zum Füttern von Gänsen sehr wohl verboten ist, leitete die Stadt ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein. Der Adressat habe dagegen Einspruch eingelegt. Der Fall landete vor Gericht. Das Urteil läge der Stadt noch nicht vor.
Den Mann werde man auf sein Verhalten ansprechen, sollte er abermals im Uni-Viertel auftauchen, wovon Anwohner Christian Schrempf ausgeht. „Neuerdings kommt er sogar zwei Mal am Tag, morgens und abends.“
Bilderpaar: Universitätsviertel 2016 und 2002
Seit 2009 entsteht zwischen Universität und Berliner Platz auf dem früheren Güterbahnhofsgelände Essens neue "Grüne Mitte", die neue Zentrale der Funke Mediengruppe wird der Schlussstein des Univiertels. Als Ulrich von Born vor 14 Jahren den Mann und die Telefonzelle auf dem Brachgelände unweit der heutigen AOK-Gebäude an der Friedrich-Ebert-Straße fotografierte, lag zwischen den Gebäuden der Universität und dem ehemaligen Schlachthof-/Großmarkt-Areal noch eine breite Gleisanlage. Die Vergleichsansicht zeigt, dass die Grüne Mitte ihren Namen trotz der mitunter dichten Bebauung verdient – selbst im Winter, wenn die Bäume der Grünanlagen noch keine Blätter tragen.(Fotos: Ulrich von Born/ FUNKE Foto Services)