Essen. Razzia in der nördlichen Innenstadt und am Hauptbahnhof: Die Polizei Essen geht zur Stunde gegen Drogenhändler vor.
Tatort Rheinischer Platz: In Windeseile riegeln die Beamten der Einsatzhundertschaft um kurz nach drei die U-Bahnausgänge ab. Dann fassen ihre Kollegen zu und legen einen jungen Schwarzafrikaner in Handschellen. „Er ist uns einschlägig bekannt“, sagt der Beamte der 7. BPH Essen, und beginnt die vielen kleinen Scheine in der gut gefüllten Ledergeldbörse zu zählen. „Ein sicherer Hinweis darauf, dass es sich um Drogengeld handelt“, fügt er hinzu.
In einer groß angelegten Aktion in der nördlichen Innenstadt, am Hauptbahnhof und im Bereich Viehofer Straße hat die Essener Polizei erneut zu einem Schlag gegen Straßendealer ausgeholt. Neben der Hundertschaft kamen auch Beamte der Innenstadt-Wache und der Kriminalpolizei zum Einsatz.
Passanten und Geschäftsleute beklagen aggressives Verhalten der Dealer
„Wir wollen den Kontrolldruck weiter erhöhen und das Sicherheitsgefühl der Bürger verbessern“, sagt Polizeisprecherin Tanja Hagelüken, und fügt unmissverständlich hinzu: „Drogenhandel tolerieren wir nicht.“ Das klingt resolut, doch zur Wahrheit gehört auch, dass der Kampf der Polizei mitunter wie ein Katz-und-Maus-Spiel wirkt, in dem es am Ende keinen wirklichen Sieger gibt.
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Essens Nord-City, das Quartier zwischen dem Rheinischen und dem Viehofer Platz samt den dazugehörigen Untergrund-Bahnhöfen, der schmale Streifen zwischen Gertrudiskirche und dem alten Bahndamm, zählt seit jeher zu den Brennpunkten des hiesigen Drogenhandels. Ein Gebiet, das schwarzafrikanische Straßendealer, also die unterste Ebene der Drogenkartelle, fest im Griff haben – und längst mit der passenden Infrastruktur versorgt haben. So fallen am Fuße des Problem-Hochhauses Viehofer Platz exotische Lokale auf, die sich Afro-Center, Afro-Kiosk und Call-Shop nennen.
Passanten und Geschäftsleute, vor allem aber die Bewohner der Nord-City beklagen sich immer häufiger über die Straßendealer und ihr aggressives Verhalten. Auch die Bewohner des naheliegenden Univiertels, einem schicken Quartier nördlich der Friedrich-Ebert-Straße, beobachten die Ausweitung der Drogenszene mit zunehmendem Argwohn. Und im Rathaus wächst die berechtigte Sorge, das Drogenmilieu könnte den sichtbaren Aufschwung der nördlichen City jäh zunichte machen.
„95 Prozent kommen aus dieser Ecke“
Bei dem vorläufig festgenommenen Straßendealer handelt es sich um einen 21 Jahre alten Mann aus dem westafrikanischen Guinea. „95 Prozent kommen aus dieser Ecke“, murmelt ein Polizist. In seiner Jeans finden sie die schlechte Kopie einer längst abgelaufenen Duldung. Ferner steht fest, dass er gegen ein Aufenthaltsverbot verstoßen hat, das ihm die Stadt Essen auferlegt hat. „Er hat die Stadt folglich sofort zu verlassen“, präzisiert der Polizist.
Drogen finden sie auf Anhieb nicht bei ihm. Was macht die Beamten – vom mutmaßlichen Drogengeld abgesehen – also so sicher, dass er dealt? „Unmittelbar vor dem Zugriff haben wir heftige Schluckbewegungen bemerkt.“ Für erfahrene Drogenfahnder ein sicherer Hinweis dafür, dass der junge Mann eingeschweißte, erbsengroße Heroinportionen schnell heruntergeschluckt haben muss. Wenig später verschwindet er im Mannschaftswagen der Polizei, damit er auf der Wache „vorgeführt“ werden kann.
Für eine Bilanz der Polizeiaktion, die bis zum Abend andauerte, war es am Dienstag noch zu früh. Die Auswertung der Personenkontrollen dauere noch an, hieß es.