Altenessen. .

Lydia Klettke ist eine Spinne der ersten Stunde: „Als wir anfingen, durften Männer unser Büro nicht betreten, geschweige denn einen Nagel in die Wand schlagen. Wir Frauen haben bewusst alles selber in die Hand genommen, denn wir wollten einen Raum nur für Frauen schaffen“, erinnert sich die Sozialpädagogin an die Gründungsphase des Frauennetzwerkes „Die Spinnen“. Die sind inzwischen nicht nur längst etabliert, sie lassen auch Männer in ihre Räume an der Bäuminghausstraße in Altenessen – zumindest als Gäste, wie in diesem Januar bei der Feier zum 30-jährigen Bestehen.

Der Gedanke, der hinter der Schaffung eines rein weiblichen Netzwerkes stand, war Mitte der 1980er-Jahre nicht nur streng feministisch und politisch (alle drei Gründungsfrauen kamen aus der autonomen Frauenszene), sondern vor allen Dingen emanzipatorisch. Es ging um die Unterstützung von Frauen durch Frauen, um Gleichstellung und darum, die spezielle Situation von Frauen zu berücksichtigen, die nach der Kinderpause wieder zurück in ihren Beruf wollten und die aufgrund ihrer Mutterrolle eine flexiblere Arbeitszeit benötigten.

„Wir wollten nicht nur verbal für die Rechte der Frauen kämpfen, sondern sie praktisch durchsetzen. Und wir wollten es mit den Mitteln erreichen, die auch in der Männerwelt gang und gäbe waren.“ Also wurden Kontakte geknüpft und starke Netze gewoben, die bis heute halten. Mit Mundpropaganda, Handzetteln und Anschlägen am Schwarzen Brett machten die Spinnen auf ihren Verein aufmerksam, mit Erfolg. „Es sprach sich schnell herum, wer wir sind und wofür wir arbeiten.“ Inzwischen fanden tausende Frauen bei den Spinnen Halt – von der Türkin mit Volksschulbildung bis zur promovierten Akademikerin. Konsequent und mitunter unbequem traten die Spinnen auf und für ihre Geschlechtsgenossinnen ein; bis heute werden sie als hartnäckige Verhandlungspartnerinnen gleichsam gefürchtet und geschätzt.

Es sind vor allem die berufliche und die soziale Förderung, die den fünf Spinnen, die derzeit in der Frauenfachstelle arbeiten, am Herzen liegen. Dazu zählt auch die kostenlose Beratung von Frauen, die arbeitslos oder von Sozialleistungen abhängig sind. „Jeden Freitag haben wir eine offene Erwerbslosenberatung. Da kann jede Frau kommen, ohne sich vorher anzumelden“, skizziert Simone Kaczinski das Angebot, das NRW-weit in dieser Form einzigartig ist.

Ein anderes Standbein ist die psychosoziale Beratung. Dorthin kommen vor allen Frauen, die mehrfach belastet sind: Sie leben von Sozialleistungen, sind oft krank, meist alleinerziehend und brauchen dringend eine langfristige Unterstützung, um überhaupt erwerbsfähig zu werden. Und es gibt noch mehr Themen, die die Spinnen in den nächsten Jahren herausfordern werden: Dazu zählt die Altersarmut, von der Frauen weitaus häufiger betroffen sein werden. Dazu zählt auch ein altes, aber immer wiederkehrendes Thema: die Vereinbarkeit von Beruf und Kindererziehung und von Beruf und Pflege. Denn nach wie vor fehlen Arbeitsplätze, die der Lebenswelt und den Bedürfnissen von Frauen gerecht werden.