Essen-Haarzopf. Ein Architekt baute das Gebäude in Haarzopf für eine Steuerberaterin um. Weiche Materialien und warme Farben bilden Kontrast zur Betonhülle.
- Architekt baut für Steuerberaterin Räume im Bunker um
- Massive Betonhülle des Hauses im Kontrast zu weichen Materialien
- Besichtigung am Tag der Architektur am 25. Juni möglich
Dass gerade der Kontrast von massivem Beton, weichen Materialien und warmen Farben sehr reizvoll sein kann, zeigen zahlreiche umgebaute Industriegebäude im gesamten Stadtgebiet. Ein Beispiel, wie ein Bunker ansprechend umgestaltet werden kann, ist am Tag der Architektur am kommenden Samstag, 25. Juni, in Haarzopf zu sehen. Dann öffnet Steuerberaterin Tanja Schulte ihre Büroräume und gewährt Einblicke, die man so nicht erwartet.
Viele Haarzopfer kommen täglich an dem weißen, klotzigen Geschäftshaus in der Nähe der Kreuzung Erbach vorbei, das seit Jahrzehnten das Bild des Stadtteils prägt. So ging es auch Steuerberaterin Tanja Schulte (45), die mit Mann Thorsten (46), Sohn (7) und Tochter (2), nicht weit vom Bunker wohnt.
Seit Dezember 2014 ist sie mit ihren vier Mitarbeiterinnen im zweiten Stock des Bunkers ansässig. „Damals hatten wir gerade unsere Tochter bekommen und die Koordination von Familie und Beruf ist viel leichter, wenn man näher am Arbeitsplatz wohnt“, erklärt sie den Umzug von den früheren Büroräumen in Bredeney nach Haarzopf.
"Sofort Feuer und Flamme für das Objekt"
Über persönliche Beziehungen kam 2013 der Kontakt zwischen Familie Schulte, den Bunker-Besitzern von Elektro Greb und dem Gelsenkirchener Architekten Mark Altgassen zustande. Schnell war man sich einig, dass die brach liegenden Bunkerräume sich gut als Büro von Tanja Schulte eignen würden. Gemeinsames Ziel von Eigentümer, Mieter und Architekt: ein modernes, funktionales Büro mit angenehmer Arbeitsatmosphäre zu schaffen, aber gleichzeitig die Bunkerhülle zu erhalten und in die neue Nutzung zu integrieren.
Für Architekt Mark Altgassen eine echte Herausforderung, denn mit einen Meter dicken Außenwänden und einer Dachdecke aus zwei Meter dickem Beton hat auch er es nicht alle Tage zu tun. „Ich war sofort Feuer und Flamme für das Objekt. Mir war klar, dass alle Elemente des Innenausbaus, wie Möbel, Parkett, Trennwände und Unterdecken, respektvoll Abstand zu den massiven Außenwänden halten müssen“, sagt Altgassen. Wo echte Abstände nicht möglich waren, da im Alltag einer Steuerberaterin auch vertrauliche Gespräche möglich sein müssen, setzt der Architekt auf optische Täuschung, lässt die Außenmauer mit Hilfe von Spiegelflächen durchgehend erscheinen. Die Narben und Macken der Betonwand legte er gezielt frei, setzte sie mit Licht sogar noch in Szene. Anschlüsse für Löschwasser, Gasmasken, Druckmesser oder ein altes Telefon erinnern an verschiedenen Stellen im Gebäude daran, dass dort im Zweiten Weltkrieg Menschen Schutz vor Bomben suchten.
"Der Betonwand mit Respekt begegnen"
Das Parkett wurde mit einem roten Flusenteppichboden auf Abstand zur Betonwand gebracht. Ursprünglich hatte der Architekt Kies oder Rollrasen für diese Flächen vorgeschlagen. „Da hatte ich aber Bedenken. Wie soll das gepflegt werden? Kiesel saugt man ein und Rollrasen muss bewässert werden...“, entschied sich Tanja Schulte für die pflegeleichtere Teppichvariante. Die warmen Holztöne von Möbeln und Parkett betonen die Härte der Außenwände effektvoll.
Teilweise sei der Umbau, der rund ein Jahr dauerte, ein echter Spagat gewesen. „Der Betonwand mit Respekt zu begegnen, aber gleichzeitig den akustischen Anforderungen eines Büros gerecht zu werden und ein besonderes Licht- und Farbkonzept umzusetzen, war eine Herausforderung“, sagt Altgassen, der sich freut, dass Tanja Schulte ihre außergewöhnlichen Büroräume beim Tag der Architektur präsentiert.
Schutz vor Luftangriffen
Der damals fensterlose Luftschutzbunker an der Hatzper Straße wurde 1939/40 errichtet und bot mehreren hundert Menschen bei Luftangriffen Schutz, erklärt der Haarzopfer Heimatforscher Herbert Schmitz. In unterteilten Kabinen sollen dort jeweils bis zu 15 Menschen untergekommen sein. Der Bunker sei während der Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg von Bombentreffern verschont geblieben. Im Laufe der Jahre waren mehrere Firmen in dem Gebäude untergebracht. Ende der 1970er-Jahre habe die Firma Greb, die aus der 1932 gegründeten Firma Elektromontagen Bischoff hervorging, den Bunker erworben und zusätzliche Fenster einbauen lassen. Helmut Greb hatte die Leitung der damals noch unter dem Namen Bischoff laufenden Firma 1946 übernommen. Elektro-Montagen Greb wurde 1958 als zusätzliches Standbein in der Gebäudetechnik ins Leben gerufen.
Tag der Architektur am Samstag, 25. Juni
Der Bunker befindet sich an der Hatzper Straße 218 in der Nähe des Geschäftszentrums Neue Mitte Haarzopf. Die umgebauten Räume der Steuerberaterin Tanja Schulte im zweiten Stock sind am Tag der Architektur, Samstag, 25. Juni, von 10 bis 16 Uhr zu besichtigen.
Treffpunkt ist vor dem Bunker. Kostenlose Führungen finden zu jeder vollen Stunde statt. Architekt Mark Altgassen und Bauherrin Tanja Schulte stehen für Fragen zur Verfügung.
Seit 2009 sind die Geschäftsführer Michael Müller und Andreas Lewald im Amt. In den 1960- bis 1980er-Jahren waren in dem Gebäude auch ein Möbelladen, ein Plattengeschäft und eine Sämerei ansässig. Der Bunker wurde 2014 bis 2016 komplett renoviert. Im Zuge dieser Maßnahme entstanden die Räume für Steuerberaterin Tanja Schulte im zweiten Stock. Auch die Firma Greb nutzt auf dieser Etage weiterhin Räume.