Kaum ein Unternehmen ist in Kaiserreich und Weimarer Republik so sehr zum Politikum stilisiert worden wie Krupp. Es verwundert daher nicht, dass die Firma und ihre Eigentümer immer wieder auch Gegenstand von Karikaturen wurden. Im soeben erschienenen 128. Band der „Essener Beiträge“ hat sich der Historiker Axel Heimsoth diesem bisher noch nicht systematisch erforschten Thema zugewandt.

Besonders die privaten Liebhabereien von Friedrich Alfred Krupp auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri wurden von linken Blättern systematisch in den Dreck gezogen und als unmoralisch gebrandmarkt. Subtext: Während die Arbeiter in Essen schuften, verschwendet Krupp das Geld für teure Kostgänger und unnütze Bauprojekte. Es nützte den Krupps nichts, dass sie dem Bild des kalten Kapitalisten kaum entsprachen. Im Gegenteil: Das soziale Engagement für die Kruppianer galt als besonders perfide Methode, die wahren Machtverhältnisse zu verschleiern. Krupps Rolle als „Kanonenkönig“ und Rüstungslieferant der deutschen Armee machte ihn darüber hinaus zur perfekten Zielscheibe für Kritik und Spott in den ausländischen Zeitungen, so dass eine sehr nennenswerte Zahl an Karikaturen zusammenkommt, die Heimsoth analysiert und in Beziehung zur Krupp-Geschichte setzt. Manko: Die Karikaturen selbst sind meist zu klein im Buch abgedruckt, wodurch sich der Aufsatz selbst um einen Teil der Wirkung bringt.

Weitere größere Aufsätze in der Jahrespublikation, die vom Historischen Verein Essen herausgegeben wird: Ralf Jörg Raber beschreibt wie der Jazz in den 1920er Jahren nach Essen kam und sich in überraschend vielen Cafés, Gaststätten, Kinosälen und Kleinkunstbühnen in der Innenstadt etablieren konnte.

Den Kampf um das Standesamt Borbeck als „Beispiel für stadtbürgerliches Engagement“ bewegt den früheren Borbecker Gymnasiallehrer Franz Josef Gründges, der selbst als Akteur dabei war. Das Standesamtswesen in Essen wurde zwar vernünftigerweise gegen den erbitterten Widerstand aus Kostengründen zentralisiert. Die Gründung des beliebten Trauzimmers auf Schloss Borbeck war aber ein Nebeneffekt dieser Kampfes, den man kaum hoch genug einschätzen kann.

Wolfgang Sykorra, viele Jahre SPD-Vorsitzender in Schönebeck, kann für sich in Anspruch nehmen, den Schutz der dortigen Siepentäler entscheidend vorangebracht zu haben. Wie es gelang, den „Grünzug B“ zusammenzuhalten und welche Begehrlichkeiten und Irrwege zu überwinden waren, ist ebenfalls Thema im Buch.