Nach dem Sprengstoffanschlag auf den Sikh-Tempel in der Bersonstraße haben Spezialeinheiten der Essener Polizei gestern einen dritten Tatverdächtigen festgenommen. Das berichtete am Abend das Polizeipräsidium. Nach Informationen dieser Zeitung handelt es sich bei dem Festgenommenen um den 17 Jahre alten Salafisten Tolga I. aus Schermbeck. Er soll der „Befehlshaber“ der mutmaßlichen Terrorgruppe sein.
Der Zugriff der Spezialkräfte sei am Hauptbahnhof erfolgt, heißt es. Ein Begleiter des Mannes befand sich nach Polizeiangaben am Mittwochabend in Gewahrsam. Bei den anderen beiden Tatverdächtigen handelt es sich um die 16 Jahre alten Mohammed B. aus Essen und Yussuf T. aus Gelsenkirchen. Sie sollen am Abend des 16. April am Eingang des Sikh-Tempels einen selbstgebastelten Sprengsatz gezündet haben. Drei Menschen wurden verletzt.
Kontakte zur Lohberger Brigade
Schon vier Tage nach dem Anschlag stand Tolga I. unter Tatverdacht. Er und ein weiterer Jugendlicher wurden festgenommen, aber am selben Tag wieder auf freien Fuß gesetzt. Der Verdacht gegen die sie hatte sich zunächst nicht erhärtet. Nach einem Bericht des ARD-Politmagazins „Report München“ soll Tolga I. der Anführer einer zwölfköpfigen Whatsapp-Gruppe sein, zu der auch Mohammed B. und Yussuf T. sowie weitere Jugendliche gehörten. Außerdem werden ihm Kontakte zu Dschihadisten und zur berüchtigten Lohberger Brigade in Dinslaken nachgesagt. Dabei handelt es sich um Jugendliche, die in Dinslaken aufgewachsen sind, sich radikalisiert haben und zusammen als Dschihadisten in Syrien gekämpft haben.
Anscheinend kennt die Polizei den Inhalt der Textnachrichten, die sich die Gruppe geschickt hat. Yussuf T. soll dem 17 Jahre alten Befehlshaber Tolga I. in einer solchen Nachricht bestätigt haben, dass er die Bombe in Essen gelegt habe.
Tolga I. soll nach Informationen dieser Zeitung bei einem Berufskolleg in Dinslaken angemeldet sein, die Schule aber schon seit geraumer Zeit gar nicht mehr besucht haben.
Der Schermbecker Bürgermeister Mike Rexforth bestätigte auf Anfrage, dass gegen den 17-Jährigen ein Ausreiseverbot verhängt wurde und die Kommune per Ordnungsverfügung ein Passentzugsverfahren eingeleitet habe. „Wir arbeiten seit Wochen eng mit der Polizei in Wesel und mit dem Staatsschutz in Duisburg zusammen“, sagte der Bürgermeister. Ziel der Behörden sei in erster Linie, den IS-Sympathisanten Tolga I. an der Ausreise in den Nahen Osten (Syrien, Irak) zu hindern. Der Reisepass und der Personalausweis seien ihm schon vor einigen Wochen entzogen worden.
Über Details der Festnahme machten die Fahnder gestern keine Angaben. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft habe das Amtsgericht einen Haftbefehl erlassen. „Die Ermittlungskommission arbeitet nach wie vor mit Hochdruck an der Aufhellung der Ereignisse und Strukturen“, sagte ein Polizeisprecher am Abend.