Essen.. Kastanienhöfe, Unperfekthaus, Univiertel: Markthändlerverband und EVB erwarten neue Blüte der nördlichen City. Historisches Vorbild: der Webermarkt.

Feierabendmärkte mit einem frischen Mix aus klassischen und gastronomischen Ständen liegen im Ruhrgebiet voll im Trend. Die Nachbarstädte Bochum, Bottrop und Gelsenkirchen haben sie längst, nur Essen ist bislang ein weißer Fleck. Doch das dürfte sich im nächsten Frühjahr ändern. „Mein Ziel ist, mit dem Feierabendmarkt vor Ostern an den Start zu gehen“, sagt Wolfgang Fröhlich, Geschäftsführer der EVV Verwertungs- und Betriebs GmbH (EVB). Die Stadttochter veranstaltet alle 25 Wochenmärkte zwischen Karnap und Kettwig. Schon seit einem dreiviertel Jahr, so Fröhlich, werde über das Thema Feierabendmarkt diskutiert.

Eng an der Planung beteiligt sind die Markthändler, deren Verbandsvorsitzender Hans Engel das Vorhaben tatkräftig unterstützt: „Feierabendmärkte sprechen berufstätige Menschen an, die den Tag gemütlich ausklingen lassen wollen.“

Der Weberplatz Anno 1900: Damals war der Webermarkt einer der größten und beliebtesten der boomenden Großstadt.
Der Weberplatz Anno 1900: Damals war der Webermarkt einer der größten und beliebtesten der boomenden Großstadt. © Haus der Geschichte/Stadtarchiv | Unbekannt

Einen geeigneten Ort für das ehrgeizige Projekt Feierabendmarkt haben die Macher schon im Blick: Es soll der Weberplatz am Fuße der aufwändig restaurierten Kreuzeskirche sein. Eine Adresse, die insbesondere bei traditionsbewussten Marktbeschickern nostalgische Gefühle aufkommen lässt. „Der Webermarkt war vor gut hundert Jahren der wohl größte Wochenmarkt in Essen“, berichtet Hans Engel, und fügt hinzu: „Meine Großmutter ist vor fünfzig, sechzig Jahren auch dort hingefahren.“ Doch dann setzte der unaufhaltsame Siegeszug der Supermärkte und Discounter ein, der der stolzen Ära der einstmals blühenden Wochenmärkte in der Essener Innenstadt ein jähes Ende bereitete. Übrig geblieben ist lediglich der Wochenmarkt an der Marktkirche, der sich erfreulicherweise zu behaupten vermag.

Adrette Frauen in schneeweißen Schürzen

Historische Aufnahmen zeigen den alten Weberplatz als einen pulsierenden Ort am nördlichen Rand der Innenstadt: mit adretten Frauen in schneeweißen Schürzen, Männern mit Melone und langen Reihen üppiger Marktstände. In seiner jetzigen Verfassung wirkt dieser Platz hingegen trostlos, ja fast schon tot. Drogensüchtige halten sich gerne dort auf und fröhliche Zecher lassen bereits in den Mittagsstunden die Kanne Bier kreisen.

Die Kastanienhöfe des Allbau hinter der Kreuzeskirche sollen dem Weberviertel mit dem Weberplatz (links unten) zu einer neuen Blüte verhelfen.
Die Kastanienhöfe des Allbau hinter der Kreuzeskirche sollen dem Weberviertel mit dem Weberplatz (links unten) zu einer neuen Blüte verhelfen. © www.blossey.eu | www.blossey.eu

Doch längst keimt Optimismus im Quartier, und auch Marktprofi Hans Engel sieht ein Ende der Tristesse. Er weist auf die immensen Potenziale hin, die in der über Jahrzehnte vernachlässigten Nord-City schlummern. „Die kräftigen Investitionen werden das Viertel insgesamt aufwerten“, sagt er – und verweist auf das Millionen-Projekt „Kastanienhöfe“ des Allbau und auf die Ausstrahlung des nahen Universitätsviertels, auf das benachbarte Unperfekthaus und das werdende Kreativquartier. In diese städtebauliche Renaissance, so Engels Kalkül, könnte sich der Feierabend-Markt ideal einfügen. „Ich stelle mir eine Symbiose aus Wochenmarkt und Street-Food-Market vor.“

Während Wochenmärkte zwischen 8 und 13 Uhr geöffnet haben und häufig ältere Kunden anlocken, legen Feierabendmärkte erst um 15 Uhr los – zur Freude junger Berufstätiger. Der einzige Wochenmarkt in Essen, der aus diesem starren Schema ausbricht, ist der Margarethen-Markt. Eingebettet in das malerische Umfeld der Margarethenhöhe wird dort von 10 bis 18 Uhr feilgeboten und gefeilscht. Der Feierabendmarkt auf dem Weberplatz mit bis zu 20 Händlern könnte von 15 bis 20 Uhr geöffnet haben.