Das Verteilen kostenloser Koran-Exemplare mag noch so umstritten und für Kritiker der Beleg dafür sein, dass Radikal-Islamisten auf diese einfache Weise Nachwuchs rekrutieren wollen – so einfach zu verbieten ist diese Aktion mutmaßlicher Salafisten dennoch nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn es im Vorfeld keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten zu erwarten sind. Es gilt das hohe Gut der Meinungs- und Religionsfreiheit.
In der Regel reicht für einen Koran-Stand etwa auf der Kettwiger Straße eine kostenpflichtige Genehmigung des Amtes für Straßen und Verkehr. Die Stadt kann damit gewisse Auflagen verbinden, etwa was die Größe der Sondernutzungsfläche und die Zahl der Koranverteiler angeht. Dass der Handlungsspielraum für eine Stadt wie Essen sehr eng ist, hängt auch zusammen mit einem Grundsatzurteil des Oberverwaltungsgerichts Münster. Nachdem Köln versucht hatte, die Glaubensbücher-Aktion zu verbieten, bekam der klagende Verteiler Recht. Dennoch will die Stadt Essen ihre Praxis noch einmal überdenken. Nach dem Anschlag auf den Sikh-Tempel „muss vieles auf den Prüfstand“, sagt Ordnungsdezernent Christian Kromberg.