Als „bedauerlich und nicht nachvollziehbar“ bezeichnet Ralf Peters, Historiker und Chef des Evonik-Konzernarchivs, die Abriss-Pläne von Vivawest an der Köndgenstraße. Peters, der sich besonders für Architekturgeschichte interessiert, verwaltet ebenso das Archiv der von Evonik übernommenen Goldschmidt AG. So handele es sich bei den Immobilien zwar nicht um eine herausragende, immerhin aber solide Architektur. „Viel bedeutender aber ist ihre Geschichte“, weiß Peters. So seien die Häuser 1922 von der Baugenossenschaft Siepen errichtet worden, die eine Tochtergesellschaft der Th. Goldschmidt AG war. Das Chemie-Unternehmen habe damit erstmals Wohnraum für mittlere und gehobene Angestellte bereit gestellt. Damals hieß die Köndgen­straße sogar noch Goldschmidt-straße: Peters vermutet, dass die Stadt Essen mit der Umbenennung der erst als Kilianstraße erwähnten Straße Karl Goldschmidt ehren wollte. Der hatte 1922 sein Wohnhaus an der Bismarckstraße der Stadt geschenkt, damit diese das Museum Folkwang an sich ziehen konnte. Erst der Umzug der Goldschmidt-Zentrale zum Standort im Nordviertel führte 1966 zum erneuten Namenswechsel: Die Rüttenscheider Goldschmidtstraße wurde so zur Köndgenstraße, um der Th. Goldschmidt AG eine prominentere Adresse zu ermöglichen, die bis heute für Evonik besteht: Goldschmidtstraße 100.