Essen. . Eine Woche nach dem Anschlag ging die Prozession ohne Zwischenfälle über die Bühne. Dabei gaben die Sikhs auch Einblicke in ihre Religion.
- Polizei hatte Route aus Sicherheitsgründen geändert
- Route verlief von der Bersonstraße bis zum Stadion an der Hafenstraße
- Gemeinde gibt Einblicke in ihren religiösen Alltag
Zwei Männer in fein verzierten, schwarz-gelben Kostümen, mit imposanten Bärten und geschmückten Turbanen auf dem Kopf umkreisen sich leichtfüßig mit Schwert und Schild. Umringt von Zuschauern, die sofort ihre Handys zücken, schlagen die Männer blitzschnell aufeinander ein. Schwert auf Schild, immer und immer wieder, jeder Treffer sitzt.
Was so martialisch anmutet, ist eine Kostprobe der Kampfkunst „Gatka“, die Männer sind Teil der Gruppe „Miri Piri Gatka Akhara France“. Sie sind extra aus Paris für die Essener Prozession mit über 800 Sikhs angereist, die bunt gekleidet und lautstark vom Tempel an der Bersonstraße Schritt für Schritt zum RWE-Stadion ziehen. Selbstbewusst und weltoffen – trotz und ein wenig wohl auch wegen des Terroranschlags auf ihre Gebetsstätte im Nordviertel.
Polizei zeigt deutlich Präsenz
Ab 10 Uhr am Samstag sammeln sich am Stammsitz die zahlreichen Gläubigen zum gemeinsamen Frühstück unter den Augen der Polizei. Die zeigt deutliche Präsenz. „Wir sind heute natürlich besonders sensibilisiert“, erklärt Polizeipräsident Frank Richter. „Uns lagen aber keinerlei Hinweise auf mögliche Gefahren vor.“ Doch so lange die Hintergründe des Sprengstoff-Anschlags mit drei Verletzten ungeklärt sind, können weitere Taten kaum ausgeschlossen werden. Deshalb hat man in Absprache mit der Gemeinde vorsorglich die Route geändert – anstatt auf dem Kennedyplatz endet die Prozession nun am RWE-Stadion. Dorthin startet der Festzug mit leichter Verspätung gegen halb 12 unter den Dudelsackklängen der „The Rhine Area Pipes & Drums Düsseldorf“. In Begleitung der Sikhs ziehen die drei prunkvoll geschmückten Wagen über die Bottroper Straße – ein schillernd bunter Anblick, den Essen so noch nie gesehen hat.
Vor dem Stadion begrüßt auch Oberbürgermeister Thomas Kufen die Gläubigen. Er findet klare Worte zum Anschlag auf die Sikhs: „Die Gemeinde ist ein Teil unserer Stadt. Ich bin auch der Oberbürgermeister der Sikhs in Essen. Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen.“
„Die Menschen sollen uns und unsere Gemeinschaft besser kennen lernen“
Das bekräftigt auch Taman Gogar noch einmal. Die Prozession ist für den gläubigen Sikh aber nicht nur aus religiösen Gründen wichtig. „Die Menschen sollen uns und unsere Gemeinschaft besser kennen lernen.“ Daher verteilen Freiwillige Broschüren und Faltblätter, die detailliert über die Religion aufklären. Denn – so Gogar – häufig würden sie wegen der Turbane und der Bärte mit den Taliban, einer islamistischen Terrortruppe, verwechselt.
Einen ähnlichen Hintergrund vermutet derweil auch die Polizei, die eine Woche nach dem Attentat auf den Tempel der Sikhs nach Hintermännern fahndet – eine Einschätzung, die nicht alle teilen. „Ich glaube nicht, dass das Attentat dem IS zuzurechnen ist“, meint Anna Pal-Singh, die seit 40 Jahren mit einem Sikh verheiratet und für die Prozession aus Bonn angereist ist. Für sie steht aber wie für Melanie Kaur aus Duisburg das friedliche Miteinander im Vordergrund: „Jeder ist bei uns willkommen.“