Hildesheim/Essen. Wegen des Einschleusens von Libanesen und Syrern muss sich ein 25-Jähriger vor Gericht verantworten. Laut Polizei gehört er zu einem Familienclan, der auch im Rotlichtmilieu und Drogengeschäft aktiv ist.
Für den kriminellen Familien-Clan waren die Schleusungen nach Ermittlung der Polizei nur ein Geschäft neben anderen: Am Landgericht Hildesheim in Niedersachsen muss sich seit Mittwoch ein 25-Jähriger aus Essen verantworten, der nach eigenem Geständnis serienweise Libanesen und Syrer nach Deutschland geholt hat.
Für die Flugreise mit gefälschten Pässen von Beirut oder der Türkei aus kassierte die Bande laut Anklage bis zu 10 000 Euro pro Person. Von einer zehnköpfigen libanesischen Familie, die schließlich in Malaysia strandete, verlangten die Schleuser 90 000 Dollar - angeblich um einen deutschen Botschafter zu bestechen.
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Im Gegenzug für ein Geständnis des 25-Jährigen verständigten sich Anklage und Verteidigung zu Prozessbeginn auf ein Strafmaß von dreieinhalb bis vier Jahren Haft. Laut Anklage betrug der kriminelle Verdienst des 25-Jährigen binnen drei Jahren rund 100 000 Euro.
Passfotos und ein Handyfoto mit Reisepassdaten per WhatsApp
Die Bundespolizei hatte den Schleuser-Ring im November gesprengt. Fast 600 Beamte hatten gleichzeitig Gebäude an 25 Orten in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg durchsucht. Sieben Verdächtige wurden festgenommen, darunter auch der 25-Jährige. Bei den Mitgliedern der Schleuserbande handelt es sich nach Angaben der Bundespolizei um "Angehörige eines libanesisch-kurdischen Familienclans". Die Gruppen seien den Ermittlern durch schwere Gewaltstraftaten im Rotlicht- und Rauschgift-Milieu aufgefallen.
Vor Gericht gab der Angeklagte auf Befragen des Richters Einblick in die Praxis der Schleuser. Per WhatsApp geschickte Passfotos und ein Handyfoto mit Reisepassdaten genügten, um einen Tunesier in Essen-Altenessen zu beauftragen, falsche Aufenthaltsgenehmigungen zu erstellen. Diese klebte die Bande in die Pässe und stempelte sie mit einem Behördenstempel - Bochum und Düsseldorf hatten sie verfügbar - ab. Selbst Pässe von in Deutschland lebenden Menschen wurden verwendet, um Migranten einzuschleusen.Angesichts der in Aussicht gestellten Strafe bestätigte der Angeklagte reihenweise Namen von Komplizen und erläuterte, wer auf Facebook-Fotos zu sehen ist, die die Fahnder aus dem Netz gezogen hatten. Bei manchen Namen aber schwieg er. "Das könnte Ärger auslösen, den er sich nicht einhandeln möchte", erklärte sein Anwalt. (dpa)