Essen. . Für die Essener Schwimmer Dorothea Brandt und Hendrik Feldwehr soll der olympische Traum noch einmal in Erfüllung gehen. Der Weg dahin ist hart. Ein Doppelporträt.

  • Dorothea Brandt (32) und Hendrik Feldwehr (29) von der SG Essen wollen zu Olympia
  • Für beide war die staatliche Förderung als Sportsoldaten der Bundeswehr wichtig
  • Brandt studiert Psychologie, Feldwehr wird Wirtschaftsingenieur

Wenn Anfang Mai in Berlin bei den deutschen Meisterschaften auch über die Olympia-Qualifikationen der Schwimmer entschieden wird, dann geht es für Dorothea Brandt (32) und Hendrik Feldwehr (29) um alles. Die beiden Athleten der SG Essen wollen dabei sein, wenn sich ab 5. August bei den Olympischen Spielen in Brasilien die Besten der Welt miteinander messen. Der Weg dorthin ist hart, geprägt von Verzicht, Disziplin sowie beruflichen und finanziellen Einschränkungen.

60 Stunden pro Woche für den Sport – für einen Athleten nichts besonderes. „Es muss einem bewusst sein, dass freie Wochenenden eher die Ausnahme sind“, sagt Hendrik Feldwehr. Die Karriere außerhalb des Sports muss warten, während ihrer aktiven Laufbahn können die meisten froh sein, wenn sie 2000 Euro im Monat verdienen. Beim Schwimmen spielen Sponsorenverträge keine zentrale Rolle, nur wenige können von ihrem Sport leben. Dorothea Brandt hofft, dass sich die Wirtschaft mehr für diesen Sport interessiert und dass Sponsoren auf weniger Restriktionen stoßen. Aber das ist Zukunftsmusik. Für beide wichtiger war die staatliche Förderung, die oftmals als Sportsoldat über die Bundeswehr führt - auch bei Brandt und Feldwehr. Es sei allerdings „gar nicht so leicht von Fördergeldern die Miete zu bezahlen“, bemerkt Brandt spitz.

Von der Betriebswirtschaft zur Psychologie gewechselt

Dorothea Brandt.
Dorothea Brandt. © dpa

Immerhin: Die Bundeswehr lockt mit einem gesicherten Einkommen, verkürzter Grundausbildung und der Möglichkeit eines Studiums, das die Athleten jedoch auf die sportliche Laufbahn abstimmen müssen. Für Sportsoldaten dauert die Grundausbildung knapp zwei Monate. Im Anschluss können sich die Athleten auf ihre sportliche Laufbahn konzentrieren, müssen aber regelmäßig Übungen absolvieren. Der Großteil der Dienstzeit kommt jedoch dem Sport zu Gute, der Dienstplan ist quasi ein Trainingsplan. Viel Zeit bleibt nicht, um sich um die Karriere nach dem Leistungssport zu kümmern.

Nach dem Abitur hörte Dorothea Brandt öfter, als Leistungssportlerin solle sie besser keine zeitaufwendigen, „harten“ Studienfächer wie Medizin, Psychologie oder Jura belegen. Sie entschied sich für Betriebswirtschaft. Ein Fehler. Brandt quälte sich Jahre durchs Studium, brach ab und wechselte zur Psychologie. Eine richtige Entscheidung. „Ich weiß jetzt, was ich machen möchte, das gibt mir innere Ruhe“.

Mit 32- bzw. 29 Jahren gehören Dorothea Brandt und Hendrik Feldwehr zu den Erfahrensten im Team der SG Essen. Als „Oma“ des Teams sieht sich Dorothea Brandt jedoch nicht. Sie tritt in Ihrer Paradedisziplin, den 50 Meter Freistil, an. Auf dieser Strecke ist sie deutsche Rekordhalterin auf der Kurz- (25 Meter) und auf der Langbahn (50 Meter). Feldwehr ist spezialisiert auf 100 Meter Brust.

Dorothea Brandt: „das beste Rennen meiner Karriere abliefern“

Bereits 2004 war Dorothea Brandt bei Olympia in Athen dabei. „Die Spiele haben mich für mein Leben geprägt. Dieses Gefühl möchte ich unbedingt noch einmal erleben.“

Hendrik Feldwehr stand 2012 bei den letzten Olympischen Spielen in London auf dem Startblock. Auch er erinnert sich besonders gerne an die einzigartige Stimmung zurück, auch an das Zusammenleben mit den anderen Athleten. 2008 hatte er die Qualifikation verpasst. „Natürlich stecken mir diese Rückschläge noch in den Knochen, ich will mich davon aber nicht bremsen lassen.“ Der Anspruch von beiden lautet: „Jetzt schaffen wir es wieder.“ Dorothea Brandt will den Endlauf erreichen und dort „das beste Rennen meiner Karriere abliefern“. Sie ist überzeugt, dass Sie dorthin gehört – unter die acht besten Schwimmerinnen der Welt.

Für beide werden es vermutlich die letzten Olympischen Spiele sein, auch wenn Dorothea Brandt über ein Karriere-Ende noch nicht entschieden hat. „Sollte man mir nach Rio wegen des Alters die Förderung streichen, wäre das eine absolute Frechheit“, sagt sie. Der Verband habe eine soziale Verantwortung gegenüber dem Sportler. „Das bedeutet auch eine Absicherung und Freiraum bei Karriereentscheidungen.“

Hendrik Feldwehr: „Mein Studium ging nicht immer zügig voran“

Hendrik Feldwehr will sich künftig auf jeden Fall voll auf sein Studium als Wirtschaftsingenieur konzentrieren. „Mein Studium ging nicht immer zügig voran“. Mit dem Abschluss seiner sportlichen Laufbahn endet auch die Zeit bei der Bundeswehr.

Soziale Kontakte rücken für das Ziel der Olympia-Teilnahme häufig in den Hintergrund. Es bedarf genauer Planung, ausreichend Zeit mit Freunden, der Familie oder dem Partner zu verbringen. „Ich habe ein Ziel, die drei Rennen in Rio zu schwimmen“, sagt Dorothea Brandt. Für vieles andere sei später noch genügend Zeit. „Es gibt in dieser Hinsicht nichts zu bereuen, das macht das Leben nur schwerer.“

Ähnlich sieht es auch Hendrik Feldwehr: „Ich hatte die Chance die Welt zu bereisen und viele Menschen kennenzulernen“. Nach Rio will er die Motivation aus dem Sport dann auf die Arbeit übertragen.