Der neue Spielplan des Aalto-Theaters mischt Beliebtes wie den „Rigoletto“ mit Besonderem wie Meyerbeers „Le Prophète“. Es muss auch gespart werden.

Glaube und Vertrauen prägen die neue Spielzeit des Essener Aalto-Theaters. Doch auch bei einem grundoptimistischen Musen-Menschen wie Intendant Hein Mulders schwingt gelegentlich Sorge mit, wenn es um die finanzielle Zukunft von Essens kulturellem Aushängeschild geht. Schon bei der Vorstellung des Spielplans für die Saison 2016/17 wurde gestern klar: Das Opern-Haus arbeitet am finanziellen Limit. „Wir sind an der Grenze dessen angekommen, was wir uns leisten können“, sagt der Chef von Aalto-Theater und Philharmonie. Erste Konsequenz der angespannten Finanzlage: Die fünfte Premiere der Saison, die eigentlich aus dem slawischen Fach bestückt werden sollte, ist gestrichen. Stattdessen wird Mozarts „La clemenza di Tito“ am 3. Juni 2017 gewissermaßen als szenisches Sparprojekt auf die Bühne gehoben. Mit Künstlern und Kulissen aus dem Haus, unter Leitung von GMG Tomáš Netopil. „Ein Notgriff, aber es wird nicht so rüberkommen“, verspricht Mulders.

Aalto-Festtage werden fortgesetzt

Kompromisse wie diese könnten in Zukunft öfters notwendig werden, wenn man sich auch weiterhin das Besondere und künstlerisch Anspruchsvolle wie Giacomo Meyerbeers Revolutionsoper „Le Prophète“ leisten möchte. Ein Mammutwerk eigentlich, das bei seiner Uraufführung fast fünf Stunden dauerte. In Essen soll Vincent Boussard eine gestraffte, aber stringente Fassung in Szene setzen. Die von der Brost-Stiftung geförderte Produktion (Premiere 9. April) gehört zu den Highlights der Aalto-Festtage, die im kommenden April zum zweiten Mal als spartenübergreifende Leistungsschau gefeiert werden, mit Konzert, Theater und Ballett. Am Pult der Essener Philharmoniker steht dann Giuliano Carella.

Da das Aalto-Theater mit nur fünf Premieren pro Saison ohnehin begrenzten Entfaltungsraum hat und in den vergangenen Spielzeiten viele Repertoire-Raritäten auf dem Spielplan standen, setzt man 2016/17 auch auf Opern-Blockbuster. Und: Erstmals in seiner bislang dreijährigen Intendanz zeigt Mulders nur Eigenproduktionen und keine Ko-Produktionen mit Opernhäusern wie Berlin oder Wien. Den Auftakt macht am 8. Oktober Vincenzo Bellinis Belcanto-Meisterwerk „Norma“. Die tragische Geschichte der gallischen Priesterin inszenieren im Team Bühnenbildner Tobias Hoheisel und Schauspielerin Imogen Kogge, den einen bekannt aus den Theatern in Bochum und Düsseldorf, den anderen aus „Polizeiruf 110“.

Neue Reihe „Tat Ort Aalto“ lädt Publikum auf die Bühne

Beendet ist auch die selbstverordnete Wagner-Pause: „Lohengrin“ wird von der hoch gehandelten Berliner Regisseurin Tatjana Gürbaca inszeniert, 2013 für ihren Parsifal“ in Antwerpen zur „Regisseurin des Jahres“ gekürt. Premiere ist am 4. Dezember, GMD Tomáš Netopil dirigiert. Und auch Verdi steht wieder im Programm: Sein „Rigoletto“ kommt am 21. Januar heraus. Regisseur Frank Hilbrich, der den buckligen Hofnarren auf die Bühne bringt, gilt als Mann fürs italienische Fach, hat in NRW bislang aber kaum gearbeitet. Matteo Beltrami dirigiert.

Ansonsten bietet das Aalto ein Füllhorn von Aktionen und Angeboten. Angefangen bei der neuen Sonntagsreihe „Tat Ort Aalto“ und der Liederreihe „mehrmusik“ bis zur humorvollen Werkeinführung zur „Teatime“. Und das Programm für Kinder und Jugendliche ist riesig mit monatlich wechselnden Projekten, über 30 Angeboten allein für die Kleinsten und 90 Backstage-Führungen für Schulen. Dazu kommen ein Dutzend Wiederaufnamen von Dietrich Hilsdorfs zünftiger „Carmen“ bis zur wiederentdeckten „Csardásfürstin“. 2017/18 soll dann auch wieder eine Operetten-Neuproduktion in den Spielplan finden.

Ballett weiter auf Erfolgskurs

Kurz vor der Premiere des Kylian-Abends „Archipel“ am 23. April zwei Schwangerschaften in seiner Aalto-Compagnie sowie den Weggang der Tänzerin Carolina Boscan und des Ballettmeisters Michel Béjar zum Ende der Spielzeit zu verkünden, fiel Ballettintendant Ben Van Cauwenbergh bestimmt nicht leicht. Er nahm es mit Humor.

Dass er auf eine Auslastung (89 Prozent bis Ende März) blicken kann, mit der er die Oper um zirka fünf Prozent übertrumpft, half sicher auch. Bei dem neuen Spielplan setzt er daher weiter auf den bewährten Mix. Dem Klassiker „Don Quichotte“ am 5. November, den er selbst choreografiert, folgt am 4. März 2017 das Essener Debüt des jungen schwedischen Kollegen Alexander Ekman, der als Rebell in seiner Arbeit gilt und teilweise zu seinen Stücken auch die Musik und das Bühnenbild kreiert. „3 by Ekman“ lautet der Titel des Abends, mit dem er sich vorstellt.

Ein weiterer Erfolg soll mit dem Bildungsprojekt ins Haus stehen. Nach der bejubelten Aufführung von „Queeny“ 2015 mit rund 100 Essener Schülern ist „Queeny unplugged“ geplant. Dabei können sich Schüler nicht nur tanzend erproben. Die Goetheschule beteiligt sich auch mit Chor und Orchester am 15. Juni 2017.

Und nicht zuletzt gibt Ben Van Cauwenbergh Tänzern eine Chance, eigene Choreografien zu zeigen: Bei „Vibrations“ bringen am 12. Mai 2017 Armen Hakobyan und Denis Untila neue Werke mit Orgelbegleitung auf die Bühne. Weitere folgen am 25. Mai bei „Ptah IV“.