Essen. Tatort Geldautomat: Ermittler profitieren vom Internet-Boom und zunehmend schärferen Bildern. Tipps zum Umgang mit der Bankkarte.
Öffentlichkeitsfahndung bei Geldkarten-Diebstahl ist in. Seitdem unentwegt auf Smartphones gesurft wird, setzen Ermittler dieses Instrument gern ein. Auch in dieser Zeitung – papiern und elektronisch – ist die Zahl der Foto-Fahndungen steil angestiegen. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Warum wird Foto-Fahndung für Ermittler immer nützlicher?
Anette Milk, Sprecherin der Essener Staatsanwaltschaft, bestätigt, dass Foto-Fahndung verstärkt eingesetzt werde – auch weil die Geldinstitute inzwischen schärferes Bildmaterial lieferten. Die Ermittler versprechen sich eine höhere Aufklärungsquote und mehr Abschreckung. Die Polizei veröffentlicht sie bevorzugt in presseportal.de und gibt sie der Lokalzeitung. „Ins Facebook können wir wegen der US-Gesetze nur Texte beziehungsweise Links stellen“, so Polizeisprecher Lars Lindemann.
Hat der Missbrauch und Diebstahl von Bankkarten zugenommen?
Nein. Polizei und Banken haben dafür jedenfalls keinen Beleg. Im Gegenteil: 2013 habe es in Essen 720 solcher Fälle gegeben, 220 (=30 Prozent) wurden aufgeklärt. Für 2015 wurden bis jetzt 619 Fälle gemeldet (aufgeklärt: 25 Prozent). Marktführer Stadtsparkasse registriert jährlich 40 bis 50 Fälle. „Bis 2005 waren die Zahlen noch doppelt so hoch“, sagt Pressesprecher Volker Schleede.
Wie gelangen die Täter an die PIN?
Meistens indem Karteninhaber gegen die Kardinalregel schlechthin verstoßen und die Karte unbegreiflicherweise zusammen mit der Geheimzahl aufbewahren. Im schlimmsten Fall, so die Polizei, werde die PIN sogar auf die Karte geschrieben. Ebenfalls sehr verbreitet: Ein Kunde tippt an der Supermarkt-Kasse die Geheimzahl ein und der Dieb schaut ihm dabei auf die Finger. Oder am Geldautomaten werde der Diskretionsabstand nicht eingehalten. Wenig später wird gezielt die Karte gestohlen.
Welche Schäden entstehen bei Kartendiebstählen?
Unterschiedlich hohe – von Kleinstbeträgen bis zu mehreren Tausend Euro, sagt die Polizei.
Was weiß man über die Täter?
Es gebe keinerlei Auffälligkeit, so die Ermittler. Nicht immer seien die Kartendiebe auch diejenigen, die mit der gestohlenen Karte das Konto plündern. Bei organisierten Banden etwa würden Minderjährige, oft auch Mädchen, als Kartendiebe vorgeschickt. Das Geldabheben übernähmen dann andere.
Bei vielen Fahndungsbildern wird sehr schnell deutlich, dass sich die Täter unkenntlich machen.
Stimmt, sagt die Polizei. Einige würden ihr Gesicht hinter riesigen Sonnenbrillen verbergen oder Perücken überstülpen. Sehr beliebt sei auch der Schleier-Trick. Frauen hüllen ihr Gesicht in Tücher und tarnen sich als Muslima.
Wann kommt es überhaupt zur Öffentlichkeitsfahndung?
Sie werde nur eingesetzt bei „Straftaten mit erheblicher Bedeutung“, sagt Oberstaatsanwältin Milk. Nach Ladendieben und Schwarzfahrern werde so gut nie mit Foto-Fahndung gesucht. Das juristische Prozedere: Das Opfer erstattet Anzeige bei der Polizei, diese sichtet das Bildmaterial des Geldinstituts und regt bei der Staatsanwaltschaft eine Foto-Fahndung an. Dann entscheidet das Amtsgericht.
Bleibt der beklaute Bankkunde auf dem Schaden sitzen?
Hat er sich grob fahrlässig verhalten, muss das Geldinstitut keinen Cent erstatten. Grob fahrlässig ist: die Karte im Auto aufbewahren; die PIN an Dritte weitergeben oder sie zusammen mit der Karte aufbewahren. Sobald er die Karte über den Notruf 116 116 gesperrt hat, ist der Kunde vollständig geschützt. Die Stadtsparkasse hat für Verfügungen am Automaten ein Tageslimit von 1500 Euro gesetzt. Ihr Tipp: Der Kunde soll am Automaten oder bei Kartenzahlung im Geschäft eine Hand übers Tastenfeld halten. Rückt jemand zu nahe, soll er der Person zu verstehen geben, dass sie doch bitte den Diskretionsabstand einhalten möge. Und: „Die Wunsch-PIN darf niemals zu einfach sein“, so Schleede.