Freisenbruch. .
Was tun gegen rechtsextreme Hetzer und populistische Stimmungsmacher? Die einen gehen auf die Straße und demonstrieren, andere singen lieber Lieder. „Chor gegen Rechts“ heißt das Gesangsprojekt, das vor vier Monaten im Bürgerhaus Oststadt gegründet wurde. Ein zartes Pflänzlein noch, das – ganz gegen den allgemeinen Trend – behutsam gedeiht. Zu den Initiatoren zählen die beiden Steeler Norbert Sütterlin (63), von Hause aus IT-Experte, und seine Frau, die Rechtsanwältin Irene Wollenberg.
„Der Chor will lustvoll singend humanistisches Gedankengut unter die Leute bringen und – wenn gewollt – Veranstaltungen musikalisch begleiten und bereichern“, bringt Norbert Sütterlin die Idee des Chorprojekts auf den Punkt.
Der Steeler macht kein Hehl daraus, dass sein Herz links schlägt. Doch sogleich stellt er klar, dass der Chor völlig undogmatisch und jedermann willkommen sei. Inhaltlich sehe sich der Chor in der Tradition und Kultur des politischen Liedes und der demokratischen Chorbewegung. „Es ist nur schade, dass das politische Lied heute praktisch tot ist“, fügt Sütterlin hinzu.
Mit dem politischen Lied verbindet Norbert Sütterlin in erster Linie Kulturschaffende wie Franz-Josef Degenhardt und die Eisler-Chöre, Zupfgeigenhansel und die Chöre der Gewerkschaften.
Die Chormacher wissen nur zu gut, dass ihr Projekt kein Selbstläufer sein wird. Überall in der Stadt leiden klassische Gesangvereine unter Überalterung und Mitgliederschwund, vielen Sängerbünden droht sogar das Aus. „Wir erfahren eine riesengroße Zustimmung, aber nur die wenigsten machen bei uns mit“, sagt Sütterlin, „deshalb suchen wir händeringend Mitsänger und Mitsängerinnen.“ Der „Chor gegen Rechts“ probt jeden zweiten und vierten Dienstag im Monat, 20 Uhr, im Bürgerhaus Oststadt, Schultenweg 37 – übrigens unter professioneller Leitung. Julia Wendel ist Absolventin der Folkwang Musikschule und Leiterin des gemischten „Cantaré“-Chores.
Sechs Mal haben sie inzwischen geprobt und das Repertoire umfasse erst wenige Lieder – zum Beispiel das Auswandererlied „Das stolze Schiff“, das Mitte des 19. Jahrhunderts gesungen wurde, als sich deutsche Armutsflüchtlinge zur riskanten Fahrt über den großen Teich entschlossen. Darin heißt es: „Die Flagge weht, die weißen Segel schwellen, Amerika ist der Bestimmungsort“ – eine Anspielung auf die massenhafte Zuwanderung nach Deutschland in diesen Tagen.