„Gehasst, verdammt, vergöttert“ heißt ein Lied der Musikgruppe „Böhse Onkelz“. Der Titel gibt auch einen Hinweis auf die jahrelangen Konflikte um die bis heute ebenso beliebte wie umstrittene Ex-Skinhead-Band: Kritiker warfen den Frankfurtern trotz mehrfacher Distanzierungen vor allem in den neunziger Jahren neonazistische Tendenzen vor. Ihr 35-jähriges Bestehen feiern die Onkelz nun am Freitag, dem 6. Mai in Essen – in der Philharmonie.
Wie das Bandmanagement gestern bekannt gegeben hat, wird dort das 80-köpfige Ensemble des Bratislava Symphonie Orchester Onkelz-Klassiker unter dem Titel „Symphonien und Sonaten“ uraufführen. Auch die Bandmitglieder werden das dreistündige Konzert und die Gala besuchen, wohl aber nicht auftreten. Der Vorverkauf der 1800 Tickets startet am Freitag um 10 Uhr ausschließlich im Internet. Sitzplatzkarten kosten zwischen 40 und 90 Euro. Die Konzertbesucher, so der Wunsch der „Böhsen Onkelz“, sollen im Saalbau in Abendgarderobe erscheinen.
Neonazi-Vorwürfe und Chart-Erfolge
Die Geburtstagsshow gehört nicht zum Programm des Konzerthauses, erklärt Christoph Dittmann, Pressesprecher der Philharmonie: „Wir vermieten das Haus für Kongresse, Jahreshauptversammlungen und eben auch Konzerte.“ Veranstalter ist „Handwerker Promotion“, die Agentur präsentiert zurzeit beispielsweise auch Kiss, David Garrett und Heinz Rudolf Kunze. „Mit Handwerker“, so Dittmann, „haben wir über viele Jahre hinweg gute Erfahrungen gemacht.“ Gestern Abend betonte die Theater und Philharmonie Essen GmbH (TUP) obendrein in einer Stellunganhme des städtischen Presseamtes: Die „stark veränderte Positionierung“ der Band in den „vergangenen Jahrzehnten“ habe keinen Anlass gegeben, „die Veranstaltung in Frage zu stellen“.
Die als Punkband gestarteten Onkelz, die seinerzeit auch von den Toten Hosen und den Ärzten für live gespielte Songs wie „Türken raus“ (1981) und „Deutschland den Deutschen“ (1983) kritisiert wurden, konnten in den Neunzigern Hörer in allen Bevölkerungsschichten für sich gewinnen. Obwohl sich jahrelang Fernseh- und Radiosender weigerten, ihre Lieder zu spielen, erreichten drei Onkelz-Alben zwischen 1998 und 2002 Platz 1 in den Charts. In dieser Zeit traten die Musiker, die sich auch bei Neonazis weiter großer Beliebtheit erfreuten, verstärkt bei Rock-gegen-Rechts-Festivals auf. Ihr rechtes Image konnte sie nie abschütteln. Als sie 2003 vor den Rolling Stones auftraten, titelte die New York Post: „German Nazi Punk Band to open for the Rolling Stones“.
Nach der Bandauflösung 2005 – vor zwei Jahren gaben die Onkelz zwei Comeback-Konzerte auf dem Hockenheimring – machte vor allem Sänger Kevin Russell Schlagzeilen: Am Silvesterabend 2009 rammte er mit seinem Sportwagen unter Drogen auf der Autobahn einen anderen Wagen und flüchtete zu Fuß. Zwei Männer wurden schwer verletzt, Russell zu 27 Monaten Haft verurteilt und nach vier Monaten im Gefängnis in eine Drogentherapie geschickt.
Dass die Band noch immer viele Fans hat, zeigt ihre aktuelle Nominierung für den Echo: Mit ihrer DVD tritt sie gegen Helene Fischer, Peter Maffay und Udo Jürgens an.