Essen.. Am Ufer freuen sich Radfahrer, Inline-Skater und Jogger auf den Frühling. Picknick am Regattaturm. Sonntag dreht die Weiße Flotte ihre Runden.


Es ist Freitag halb zwei, endlich schickt die Sonne ihre warme Strahlen herab zum Baldeneysee. Die Marschalls aus Kupferdreh – Michael und Cécile mit ihren Töchtern Melissa (13) und Marisa (11) – schnüren am Hardenbergufer ihre Inliner. Gleich geht’s los, die Promenade rauf bis Haus Scheppen. „Da werden wir gemütlich was trinken, später geht’s noch in die Eisdiele“, sagt Michael Marschall. Eine Radtour rund um den See soll die Osterferien am Wochenende sportlich beschließen. „Wir wohnen dort, wo andere Urlaub machen“, lachen die Marschalls. Und schon geht die Post ab.

Auf der asphaltierten Piste tummeln sich jetzt Radfahrer und Spaziergänger, Inline-Skater und Jogger. Im Schilf am Ufer lümmelt sich Papa Stockente lässig in der Sonne, derweil Mama Stockente graziös in den Wellen schaukelt.

Das Segler-Dorado mit dem Förderturm Carl Funke.
Das Segler-Dorado mit dem Förderturm Carl Funke. © WAZ | WAZ







Endlich Frühling. „Schauen Sie doch in die Gesichter der Menschen, die blühen richtig auf – so wie die Natur“, sagen Elias und Kathy Georgio. Nach einem Spaziergang am See genießen die Wirtsleute aus Velbert jetzt bei einer Tasse Kaffee die wuselige Atmosphäre im belebten Biker-Biergarten von Haus Scheppen. Ihr eigenes Lokal werden die Restaurateure erst um 17 Uhr öffnen. „Wir wollten vor der Arbeit noch mal Sonne tanken“, sagt Kathy, „und das tun wir am liebsten in Gesellschaft.“ Heute haben die Georgios das Auto gewählt. „Mit Freunden kommen wir auch gerne auf dem Motorrad hierhin“, sagen sie.

Blauer Himmel und Sonne satt – das sehnen auch die Kapitäne und Bootsleute der Weißen Flotte herbei. Eigentlich hatten sie schon Ostern in See stechen wollen. „Doch die Sturmböen haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht, kein Schiff konnte den Hafen verlassen“, sagt Geschäftsführer Franz-Josef Ewers. Auch an diesem Samstag wird noch pausiert, dafür bietet die Weiße Flotte am Sonntag ab 11 Uhr Rundfahrten an. Die „Stadt Essen“ wird im Stundentakt im Einsatz sein, die letzte von sechs touren Tour geht um 16 Uhr los. „Es wird das erste Wochenende sein, an dem es sich lohnt, Schiff zu fahren“, frohlockt Ewers.

Damit die  Weiße Flotte strahlt: Kapitän Marco Schwedt wienert den Scheinwerfer der „Steele“, am Sonntag wird die „Stadt Essen“ im Einsatz sein.
Damit die Weiße Flotte strahlt: Kapitän Marco Schwedt wienert den Scheinwerfer der „Steele“, am Sonntag wird die „Stadt Essen“ im Einsatz sein. © WAZ | WAZ






Im Hafen liegen die Stadt Essen, die Baldeney, Kettwig und Steele. Kapitän Marco Schwedt putzt auf der Stadt Essen die Fenster, danach will nebenan auf der Steele der Scheinwerfer gewienert werden. Frühjahrsputz? „Nein“, erwidert der Käpt’n, „unsere Schiffe sind immer schon vor Ostern blitzblank.“

Oben im Norden – auf Zollverein, dem Welterbe – präsentiert Essen stolz seine montane Vergangenheit. Unten am Baldeneysee, seit jeher eines der beliebtesten Ausflugsziele im Revier, dürfen Tagestouristen wie Einheimische die sprießend grüne Seite genießen: mit Wind und Wasser als Zugabe.

„Eine warme Mahlzeit gab’s gratis“

Informative Schautafeln, aufgestellt von der rührigen Kupferschaft Bürgerdreh und vom Regionalverband, säumen das Hardenbergufer. Auf einer wird an die Plackerei in den Jahren 1931-33 erinnert, in denen der Stausee als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme entstand – derselbe, der jetzt ein Dorado für Segler, Ruderer und Erholungssuchende ist und einer Perlenkette gleich Clubhäuser, Biergärten und Restaurantterrassen um sein Ufer gelegt hat. „Tausende arbeitslose Essener waren, zum Teil mit primitivsten Arbeitsgeräten, auf der Baustelle im Einsatz“, heißt es fast schon mahnend auf dieser Tafel. „Der Tagesverdienst lag damals zwischen 1 Reichsmark und 1,80 RM, eine warme Mahlzeit gab’s gratis.“

Keine warme Mahlzeit, sondern ein leckeres Picknick – mit italienischer Frittata und Joghurt, Keksen und Tee – genehmigen sich Anke Mohrmann aus Borbeck und ihre Freundin Anke Knorra aus Mülheim. Ausgebreitet haben die beiden Frauen es auf der Tribüne am Regattaturm, eine warme Decke schützt vorm Wind. Was ihnen an diesem Ort besonders gefällt? „Natürlich der Blick aufs Wasser, das ist ungemein entspannend“, sagen sie. Und fügen hinzu: „Dabei lässt sich nach Herzenslust quasseln.“ Ehe die beiden aufbrechen zu einem gemütlichen Bummel auf der Promenade, zückt Anke Mohrmann augenzwinkernd ihre Motto-Tasse. „Das Leben genießen“, steht in großen Buchstaben darauf. Und: „Einfach mal die Seele baumeln lassen.“ Nichts anderes tun Anke und Anke an diesem herrlichen Frühlingstag am See.