Essen. Im Erzählcafé der Caritas-Flüchtlingshilfe kommen Migranten mit Essener Bürgern zwanglos ins Gespräch. Für beide Seiten ist das Arbeit und Spaß zugleich.
Wie erklärt man das deutsche Wort „Thema“? Mit „etwas, über das man spricht“ vielleicht? Petra Bichl schreibt Begriffe auf einen Zettel: Fußball, Wohnung, Essen, Frauenrechte. Abdulrahman Hussein tippt „Frauenrechte“ in sein Handy ein, um sich eine Übersetzung anzeigen zu lassen, und lacht. Eventuell ist das gerade doch noch zu kompliziert, Petra Biehl streicht den Begriff wieder.
Hussein und seine Frau Shirin Hajo sitzen im Erzählcafé der Caritas-Flüchtlingshilfe in der Elisenstraße. Die beiden sind Syrer, Hussein war ein Jahr lang in einem Wohnheim in Berlin untergebracht, als seine Frau nach Deutschland nachkam, zog er mit ihr in eine Wohnung in Borbeck. Im Erzählcafé wollen sie ihr Deutsch verbessern, wollen das, was sie vormittags im Unterricht lernen, in lockerer Atmosphäre anwenden. „Ich bin 30 Jahre alt und war Philosophielehrer in Aleppo“, stellt sich der junge Mann in gebrochenem Deutsch vor. Gemeinsam mit den ehrenamtlichen Helfern Petra Biehl und Hans-Jürgen Lechtreck unterhält sich das Ehepaar nun über ihre Wohnung, die sie gerade eingerichtet haben. Darüber, dass in Syrien Gäste auf der Couch sitzen und enge Freunde auf Matratzen an der Wand Platz nehmen.
Zu Fuß und mit dem Auto nach Deutschland
Auf bunt zusammengestellten Möbeln sitzend, kommen hier Flüchtlinge mit Deutschen in Kontakt. Immer montags und donnerstags öffnet das Erzählcafé, worüber man sich unterhält, ist eigentlich egal, Hauptsache es wird geredet. Hans-Jürgen Lechtreck ist künstlerischer Koordinator im Museum Folkwang, seit Januar kommt er einmal pro Woche in die Elisenstraße. „Ich verstehe jetzt viel besser, worum es bei der Flüchtlingsthematik geht“, sagt er. „Beide Seiten können hier viel lernen.“
Am Nachbartisch sitzt Juma Hussain und arbeitet seine „Hausaufgaben“ aus dem Sprachkurs mit Sigrid Sprock durch. Auch sie erkläre vor allem Wörter, sagt die pensionierte Mathematiklehrerin. Hussain erzählt ihr von seiner großen Wohnung im Norden Syriens, wo seine Frau und seine drei Kinder darauf warten, nach Deutschland auszureisen. Der 37-jährige Bankkaufmann kam vor einem Jahr zu Fuß und mit dem Auto nach Deutschland, seine Familie wird im Libanon ins Flugzeug nach Düsseldorf steigen. „Meine Frau ist Englischlehrerin und lernt gerade mit YouTube-Videos deutsch“, sagt Hussain und lacht.
Wer kommt, ist motiviert
Seit Oktober existiert das Erzählcafé, die Einrichtung wurde mit den Spenden der Essener Rotary Clubs finanziert, die seit 2014 die Caritas unterstützen. Zwölf Ehrenamtliche halten das Café am Laufen, es könnten aber noch mehr sein, sagt Koordinator Thorsten Smitkowski: „Es ist sehr unterschiedlich, wie viel Flüchtlinge kommen, und es sollten möglichst viele Ansprechpartner da sein.“ In Integrationskursen und kleineren Unterkünften macht die Caritas Werbung für ihre Initiative. Die Teilnahme ist freiwillig, wer hierher kommt, ist grundsätzlich schon einmal motiviert, seine Sprachkenntnisse zu vertiefen.
Juma Hussain, der in eine kleinen Wohnung in Kray wohnt, kommt zu jeder Öffnungszeit. Sein Deutsch habe sich schon stark verbessert, sagt Sigrid Sprock: „Juma ist sehr fleißig.“