Essen. Die Essener Unesco-Schule und die Bialik-Rogozin-Schule in Tel Aviv wollen einen Schüleraustausch starten. Die Schulen fühlen sich schon wie Zwillinge.

Es gibt gute Argumente für diese Schulpartnerschaft – und es gibt den schönen Satz von Annette Uttendorfer: „Unsere Schulen sind Zwillinge, die sich zufällig in zwei Ländern befinden.“ Das sagt die Leiterin des Unesco-Aufbaugymnasiums in Essen über ihr Haus und die Bialik-Rogozin-Schule in Tel Aviv. Deren Leiter, Eli Nechama, antwortet: „Wir hatten auch vor unserem Besuch keine Zweifel an der Partnerschaft, aber jetzt sage ich: ,Wir müssen das machen!’“

Kaum jemand hätte solche Begegnungen, solche Begeisterung erwartet, als der damalige Oberbürgermeister Reinhard Paß vor vier Jahren mit einer Delegation nach Tel Aviv reiste. Essens Städtepartnerschaft mit der israelischen Metropole war da schon fast eingeschlafen, eine Wiederbelebung galt nicht als Selbstläufer. Doch dann stellten die Gastgeber ein großartiges Programm auf die Beine, zu dem ein Besuch in der Bialik-Rogozin-Schule gehörte. Die kümmert sich vor allem um Kinder von Einwandern und Flüchtlingen, begleitet sie vom Kindergarten bis zum Abitur. Hat einen Blick für ihre Sorgen: für Armut, Ängste, Sprachbarrieren — und familiäre Probleme.

Es ist unser erster Schüleraustausch

„Wie bei uns!“, dachte Lehrerin Sigrid Becker von der Unesco-Schule, als sie damals von Bialik Rogozin hörte und eine berührende Dokumentation über die Schule sah. Sie suchte den Kontakt nach Israel, schrieb den Kollegen, stieß auf Neugier. Im November 2015 reisten die Essener nach Tel Aviv, nun kam Eli Nechama mit drei Kolleginnen zum Gegenbesuch. Die Schulpartnerschaft ist beschlossene Sache, im Herbst reisen die ersten Unesco-Schüler nach Israel. „Es ist unser erster Schüleraustausch“, sagt Annette Uttendorfer.

Den würdigt auch Oberbürgermeister Thomas Kufen, der selbst Ende Juni nach Tel Aviv reist: Es sei positiv, wenn er sich mit seinem Amtskollegen Ron Huldai verstehe, „aber wichtiger ist, dass sich die Menschen aus beiden Städten treffen, dass Schüler und Studenten sich austauschen und feststellen, dass wir dieselben Werte haben“.

Bei Eli Nechama, dessen Schule 1178 Schüler aus 51 Ländern besuchen, erkundigt sich Kufen nach religiösen oder kulturellen Konflikten. „Mein erster Tipp: Haltet die Kinder aus der Politik ‘raus“, antwortet der Schulleiter. „Der zweite: Akzeptiert sie, wie sie sind. Wir brauchen eine Schule, die Kinder umarmt.“ Als solche habe er auch die Unesco-Schule erlebt: „Es hat uns berührt, wie dort mit den Kindern umgegangen wird. Sie fühlen sich wohl, es ist ihr Zuhause.“

Besuch aus Israel spricht Arabisch

Ein Zuhause für 550 Kinder, die ebenfalls aus fast 50 Ländern stammen, und die beim Schulstart oft kein Deutsch können. Ein Heimspiel für Nechama, dessen Mutter aus Marokko stammt: Er sprach mit den Essener Schülern Arabisch und gewann so auch manchen, der dem Besuch aus Israel skeptisch begegnet war. Die bange deutsche Frage nach der Integration Tausender Flüchtlinge beantwortet Nechama gelassen: „An unserer Schule gehen wir das mit Humor, Kreativität, Optimismus an. Tag für Tag.“