Essen. . Vorschläge für eine neue Gesamtschule im Essener Stadtgebiet sollen im Mai vorliegen. Vieles spricht sowohl für den Norden als auch für den Süden.

  • Über den Erfolg einer neuen Gesamtschule entscheidet vor allem der Standort
    • Im Norden fehlen viele Plätze, doch auch im Süden ist Bedarf nach Ganztagsschulen
      • Letzte Gesamtschule in Essen wurde im Jahr 1997 eingerichtet

Knapp 20 Jahre nach der letzten Gründung einer Gesamtschule im Stadtgebiet – 1997 wurde die Gesamtschule Holsterhausen eingerichtet – steht Essen vor der Neugründung. Eine bestehende Schule soll in eine Gesamtschule umgewandelt werden. Welche, ist offen. Im Mai sollen erste Vorschläge gemacht werden. Alle Fragen und Antworten auf einen Blick.

In Stadtwald wird derzeit die Gesamtschule Süd abgewickelt, die seit 2012 keine neuen Fünftklässler mehr annimmt. Warum braucht Essen jetzt plötzlich eine neue Gesamtschule?

Weil sich die Bevölkerungsprognose verändert hat. Es werden wieder mehr Kinder geboren, als vor wenigen Jahren alle Prognosen vorhergesagt haben. Hinzu kommt die größer werdende Zahl von jungen Zuwanderern. Der Beschluss, die Gesamtschule Süd auslaufen zu lassen, war damals unvermeidbar – es waren schon über viele Jahre stets zu geringe Anmeldezahlen toleriert worden. Rechtliche Vorgaben machten das ab einem gewissen Zeitpunkt unmöglich.

Warum kein Neubau?

Weil das zu lange dauert. Schon jetzt fehlen laut Schulentwicklungsplan rund 400 Plätze für Gesamtschüler. Bei den Anmeldungen fürs nächste Schuljahr gab es bei den Gesamtschulen stadtweit wieder knapp 100 Plätze zu wenig. Doch es geht nicht nur um fünfte Klassen – Gesamtschulen spielen auch in den älteren Jahrgängen eine große Rolle, weil sie offen für Quereinsteiger sind. Auch diese Plätze fehlen schon jetzt dringend.

Was ist der beste Standort für eine neue Gesamtschule?

Diese Frage entscheidet über das Gelingen einer Neugründung. Und ist nur sehr schwer zu beantworten. Für den Norden der Stadt spricht, dass es dort an vielen bestehenden Schulen regelmäßig eine große Zahl an Ablehnungen gibt, weil zu wenig Platz vorhanden ist – zum Beispiel an der Heinemann-Gesamtschule in Schonnebeck. Für den Süden hingegen spricht, dass dort – außer Süd, die ausläuft, und Holsterhausen – keine Gesamtschule existiert.

Mindestens 100 Kinder zum Start

Die Schullandschaft in Essen hat, was Gesamtschulen angeht, eine eindeutige Schlagseite in Richtung Norden. Der Versuch, in Stadtwald eine Gesamtschule zu etablieren, schlug fehl. 1988 wurde aus dem Stadtwald-Gymnasium die Gesamtschule Süd. 2012 wurde beschlossen, dass die Schule auslaufen muss, angesichts zu niedriger Zahlen.

Andere Gründungen verliefen erfolgreicher: Vor 30 Jahren wurde – gegen erheblichen Widerstand der Eltern – aus dem Humboldt-Gymnasium die Gesamtschule Mitte, heute „Frida Levy“. Gute Erreichbarkeit ist entscheidend für den Erfolg einer neuen Schule. Gesamtschulen müssen mindestens vierzügig sein (etwa 100 Kinder pro Jahrgang).

Auch im Süden leben viele Eltern, die Gymnasien mit ihrer verkürzten Schulzeit (G8) kritisch gegenüberstehen. Eine Gesamtschule käme dort, mit dem richtigen Konzept, womöglich an. Wieder mal zeigt sich, dass die Evangelische Kirche einen großen Fehler beging, ihre konkreten Pläne für eine Gesamtschul-Neugründung an der Frankenstraße im Jahr 2013 fallenzulassen.

Kann man nicht bestehende Gesamtschulen erweitern?

Ausbaupläne gibt es für Borbeck. Die Heinemann-Gesamtschule wird neu errichtet. Doch solche Pläne haben Grenzen. Letztendlich ist sogar die Frage, ob es überhaupt reicht, eine neue Gesamtschule zu errichten.

Warum soll es überhaupt eine Gesamtschule sein?

Weil in dieser Schulform die meisten Plätze fehlen, und weil Gesamtschulen mit einigem Recht unterstellt wird, am besten mit der Unterschiedlichkeit von Schülerschaften klarzukommen. Angesichts der Vielzahl von Zuwandererkindern, die dauerhaft in Essen bleiben werden, hält die Stadt die Errichtung einer Gesamtschule für „die richtige Antwort“. So formulierte es Schuldezernent Peter Renzel am Wochenende. Davon abgesehen: Die Zahl der Hauptschulen sinkt weiter, doch die geeigneten Schüler bleiben.