Essen. . Der katholische Kita-Zweckverband betreibt 68 der 270 Kitas in Essen. Weil dem Verband die Kosten davonlaufen, muss er nun Einrichtungen schließen.

Um dringend benötigte Kita-Plätze zu schaffen, appelliert die Stadt Essen regelmäßig an Kirchen und freie Träger, alle Ausbau-Möglichkeiten zu prüfen. Doch nun kündigt ausgerechnet der Kita-Zweckverband des Bistums, der 68 aller 270 Essener Kitas betreibt, Schließungen an: Man könne die galoppierenden Kosten nicht länger stemmen.

Am Montag soll der Verwaltungsrat des Zweckverbandes beschließen, zehn Kitas im Bistum aufzugeben – zwei davon in Essen. Insider fürchten, dass viele weitere folgen könnten. Der Geschäftsführer des Kita-Zweckverbandes, Peter Wenzel, bestätigt zumindest die zehn Schließungen. „Wir bedauern das sehr, aber wir können die Einrichtungen ja nicht kaputtsparen.“ Er wolle gute Betreuung gewährleisten und Tarifgehälter zahlen.

Nun müssen auch andere Träger nach dem Kita-Streik 2015 mit höheren Personalkosten leben, und die nächste Tariferhöhung steht bevor. Wenzel verweist jedoch darauf, dass kirchliche Träger mehr Eigenmittel aufbringen als andere: Wegen der Kirchensteuern liegt der Trägeranteil für Kirchen bei zwölf Prozent – bei freien Träger nur bei neun Prozent. Elterninitiativen, die noch weniger Eigenkapital haben, müssen nur vier Prozent tragen.

"Wir sind ein verdammt armes Bistum"

Weil viele freie Träger auch die geringeren Eigenanteile nicht erbringen können, gibt die Stadt ihnen regelmäßig zusätzliches Geld. Das gilt zum Beispiel für den Verein für Kinder- und Jugendhilfe (VkJ), der nicht neun Prozent Trägeranteil zahlt, sondern nur eins – stolze acht Prozent kommen vom Jugendamt. Anders könne der VkJ seine bald 21 Kitas nicht betreiben, betont VkJ-Geschäftsführer Oliver Kern. Bei 14,5 Millionen Euro für die Kitas sei ein Prozent viel Geld: 145 000 Euro müsse man erstmal einwerben. „Die Zusatzförderung ist für arme Träger wie uns gedacht, wir haben keine verlässliche Einnahme wie die Kirchensteuern.“

Diese Argumentation greife zu kurz, findet Caritas-Direktor Björn Enno Hermans: „Wir sind ein verdammt armes Bistum, in dem an allen Ecken gespart wird.“ Hermans, der auch Geschäftsführer des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) ist, betont: „Die Landesmittel decken die Kosten für die Kitas nicht.“ Auch der SkF könne seine Hand voll Kitas nur betreiben, weil er selbst als armer Träger gilt und nur ein Prozent an Eigenmitteln zahlt; den Rest trägt die Stadt. Dass der Kita-Zweckverband kämpfe, um die zwölf Prozent für 68 Kitas zu erbringen, wundere ihn nicht.

Reparaturanfälligen Immobilienbestand und viele ältere Angestellte

Denn diese 12 Prozent-Trägeranteil entsprechen allein für Essen einer Summe von 3,2 Millionen Euro, so Peter Wenzel. Und wegen eines reparaturanfälligen Immobilienbestandes und vieler älterer Angestellter reiche das nicht: „Tatsächlich geben wir fast 4,2 Millionen Euro aus.“ Immer wieder habe man die Stadt hingewiesen, dass auch der Kita-Zweckverband auf Extra-Zuschüsse angewiesen sei.

Jetzt gäbe es die Chance hier nachzubessern: Die Vereinbarung zwischen Stadt und Trägern läuft nach fünf Jahren aus und wird neu verhandelt. „Jeder Träger handelt seine Zuschüsse mit dem Jugendamt aus“, sagt Enno Hermans vom SkF. „Klar ist, dass er nicht weniger bekommt als bisher.“ Keine gute Ausgangsposition für den Kita-Zweckverband, der bislang eben gar keine festen Extra-Zuschüsse bekommt. Nur in Notsituationen finanzierte die Stadt ihm Plätze, auf die sie besonders dringend angewiesen war: Insgesamt knapp 60 000 Euro gab es dafür im laufenden Kita-Jahr, sagt Wenzel.

Andere Städte hätten inzwischen nachgesteuert und zahlten auch der Kirche höhere Zuschüsse. Die Essener Jugendamtsleiterin Annette Berg verweist auf laufende Gespräche. An Kita-Schließungen hat sie naturgemäß kein Interesse: „Wir brauchen derzeit jeden Platz.“ Und der Zweckverband stellt 4315 von stadtweit 19 665 Kita-Plätzen.