Essen. Die IHK Essen lud zum fünften Azubi-Speed-Dating in die Essener Philharmonie ein. Lange Schlangen bildeten sich vor allem bei den großen Unternehmen.

Mike Bletgen und Martin Wassyl sitzen alleine an ihrem Tisch. Eigentlich sollte ein angehender Auszubildender auf dem Stuhl gegenüber Platz nehmen. Gerade, etwa zur Halbzeit des Azubi-Speed-Datings gestern in der Philharmonie, ist bei ihnen aber nichts los. Sie vertreten einen Ableger des Franchise-Unternehmens JalouCity mit zwei Filialen in Essen und einer in Duisburg. „Viele haben keine Kenntnis über die kleinen Unternehmen“, sagt Bletgen. Er ist Filialleiter an der Huyssenallee und einer von zwölf Mitarbeitern der drei Filialen des Subunternehmens.

Rund 100 Unternehmen nahmen am fünften Azubi-Speed-Dating der IHK teil. Sie boten den 900 Besuchern 550 Ausbildungsstellen an, darunter auch duale Studiengänge. Zehn Minuten haben Unternehmen und Interessierte Zeit, sich kennen zu lernen. „Die Dominanz liegt klar bei Aldi und Lidl“, sagt Bletgen. Dabei seien die Chancen in kleinen Unternehmen oft viel größer: sowohl eingestellt als auch übernommen zu werden. JalouCity bildet zwei Einzelhandelkaufleute pro Jahr aus – Voraussetzung ist ein Realschulabschluss. Mike Bletgen stellt klar: „Wir bilden nicht aus, um danach abzustoßen.“

Längste Schlangen bei den größten Unternehmen

Ähnlich sieht es Jennifer Wildschütz von der Sutter Telefonbuchverlag GmbH, die bislang auf jedem Speed-Dating vertreten war: „Die längsten Schlangen stehen bei den großen Unternehmen.“ Positiv fällt ihr allerdings auf, dass die Jugendlichen, die an ihren Tisch kommen, gezielt in den Telefonbuchverlag streben. „Sie haben sich wirklich mit uns auseinandergesetzt und das erwarten wir auch.“ Im Gespräch ginge es vor allem darum, die Interessenten kennen zu lernen, sie erst einmal von sich erzählen zu lassen. „Manche sind aber auch total nervös, da kann man nicht den üblichen Bewerbungskatalog runterspulen.“

Um zu lernen, mit dieser Nervosität umzugehen, ist Revin Wrkilla in die Philharmonie gekommen. Der 20-jährige Essener hat einen Realschulabschluss, hatte sich am Fachabitur versucht und ist gescheitert – nicht die idealen Voraussetzungen, die er aber mit einer guten Vorbereitung wett zu machen versucht. Acht Bewerbungen mit individuellen Anschreiben hat er mitgebracht, sich im Vorfeld genau angeguckt, bei welchen Unternehmen er sich vorstellen möchte. Gerade steht er bei Kodi an, „weil es mich interessiert, wie es dort hinter den Kulissen aussieht“, kleinere Unternehmen hat er aber auch noch auf dem Plan: „Die Konkurrenz ist dort wahrscheinlich kleiner als bei den großen Firmen“,sagt der 20-Jährige. Die Interviewsituation, sich innerhalb von zehn Minuten behaupten zu müssen, sei ungewohnt und etwas stressig, aber Wrkilla ist optimistisch: „Ich versuche mein Glück. Wenn ich erst einmal ein Praktikum bekäme, wäre das auch in Ordnung.“

Mehr Konkurrenz bei den Großen

Mittlerweile hat JalouCity einen zweiten Interessenten gefunden. Tim Reimann hat sich anders als Wrkilla nicht lange auf das Speed-Dating vorbereitet und ist spontan in die Philharmonie gekommen. Er hat keine Bewerbungsmappe, sondern nur sein Zeugnis dabei. Der 21-Jährige kommt positiv aus dem Gespräch: „Die beiden waren sehr sympathisch und haben mir aufschlussreich erklärt, wie die Ausbildung abläuft.“ JalouCity kannte er selbst als Kunde. Reimanns Prioritäten liegen klar bei den kleinen Unternehmen: „Die Großen haben keine Zeit, uns richtig auszubilden. Außerdem gibt es bei Aldi und Co viel mehr Konkurrenz.“