Handel mit Hunden aus dem Ausland boomt, wie die jüngste Beschlagnahmung nahe Mülheim zeigt. Gefordert werden schärfere Kontrollen und Hilfen vor Ort.
Albert Camus forderte einst, dass man sich die Figur des Sisyphos als einen glücklichen Mensch vorstellen müsse, dessen immerwährender Kampf gegen den Berg sein Herz erfüllt habe. Hätte Sisyphos sich im Tierschutz engagiert, müsste man diese Aussage vielleicht revidieren. Denn Szenarien wie die jüngste Beschlagnahmung von Hunden aus einem Sprinter nahe Mülheim durch Polizei, Veterinäramt und die Tierrettung Essen e.V. sind meist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein – das Geschäft mit den kleinen Fellnasen boomt. Über das genaue Ausmaß des illegalen Welpenhandels kann indes nur gemutmaßt werden; in der Regel fliegen solche Transporte nur zufällig im Rahmen von Routinekontrollen auf – in Essen zuletzt in 2009.
Die Dunkelziffer liegt jedoch weitaus höher, wie Elke Esser-Weckmann, Vorsitzende des Essener Tierschutzvereins, weiß. Berichte von Essenern, die weder eigene Hunde besitzen noch züchten, aber plötzlich Welpen in ihren Wohnungen verkaufen, gebe es immer wieder.
Das Perfide am großen Geschäft mit den kleinen Vierbeinern ist unter anderem die Instrumentalisierung des Mitleids. „Nicht jeder, der mir im Urlaub einen Welpen in die Hand drückt, will Tierschutz betreiben“, warnt Esser-Weckmann.
Über den legalen Weg indes engagiert sich der Essener Verein „Team für Tiere“. Neben der Vermittlung von Hunden in Deutschland hilft das Team um Rahel Schröder auch bei der Patensuche für Hunde aus Tierheimen in den EU-Ländern Rumänien, Ungarn und Spanien. Vor Ort werden die ausgewählten Tiere gemäß EU-Vorschriften tierärztlich untersucht und geimpft, erklärt Schröder. Das Ausfuhrprozedere gleicht dem von Nutztieren: Der Amtsveterinär vor Ort erfasst die Tiere im „Trade Control and Expert-System“ (TRACES), die zuständigen Behörden müssen dann in einem nächsten Schritt die Genehmigung für die Ausfuhr der Tiere erteilen. Nach der Ankunft in der Auffangstation in Essen werden die Tiere dann nochmals tierärztlich untersucht.
„Wichtig für den sicheren Ablauf des Prozederes sind seriöse Partner im Ausland“, betont Rahel Schröder. Denn nicht alle nutzen das TRACES-System. „Schwarze Schafe gibt es immer“, weiß Schröder.
Die Weitervermittlung der Hunde verbessere zudem nicht die Situation der Tiere vor Ort. Daher unterstützt das „Team für Tiere“ die Tierheime neben der Weitervermittlung auch mit Futterspenden und zahlt eine Übernahmegebühr pro Hund. „Einfach einen Transporter voll packen und nach Deutschland bringen hilft nicht.“
Diese Sicht teilt auch Elke Esser-Weckmann. Das Albert-Schweitzer-Tierheim Essen selbst vermittele gemäß Empfehlung des Deutschen Tierschutzbundes weder Welpen noch ältere Hunde aus dem Ausland, erklärt die ehemalige Vorsitzende der SPD in Essen.
Der Tierschutzbund setzt stattdessen auf Hilfe vor Ort – sowohl auf finanziellem Weg als auch über Sach- und Futterspenden. Zudem fordert der Bund der deutschen Tierschützer schärfere Einfuhrkontrollen. Auch für den blühenden Welpenhandel im Internet sollen die Gesetze verschärft werden. Und nicht zuletzt muss der zukünftige Halter besser informiert werden, sich unter anderem das Muttertier und die Wurfgeschwister zeigen lassen.
Innerhalb der Stadt Essen sei bei Verdacht auf illegalen Welpenhandel eigentlich das Ordnungsamt zuständig, erklärt Elke Esser-Weckmann. „Doch das ist personell nicht dafür ausgestattet.“